"Volk muss vor Filz gehen"

25.10.2010 | Stand 03.12.2020, 3:32 Uhr

München (DK) Im Streit um mögliche Haftungsansprüche wegen der Milliardenverluste der BayernLB erhöht die Opposition den Druck auf die Staatsregierung. Ein Dringlichkeitsantrag soll verhindern, dass Vergehen – auch von prominenten CSU-Politkern – verjähren.

Den Antrag wollen SPD, Freie Wähler und Grüne morgen in der Plenarsitzung einbringen. Darin fordern die Fraktionen Staatsregierung und BayernLB auf, "alles Erforderliche" zu tun, um eine Klage vorzubereiten, damit diese theoretisch noch in diesem Jahr eingereicht werden könnte. Zudem sollten "sämtliche notwendigen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen" eingeleitet werden. Die Opposition sehe eine "hinreichende Wahrscheinlichkeit", dass ehemalige Verwaltungsräte und Vorstände belangt werden könnten, sagte der SPD-Abgeordnete Harald Güller. Weil die Verjährungsfrist Ende des Jahres auslaufe, sei Eile geboten. "Volk muss vor Filz gehen", betonte Güller.

Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen den einstigen Vorstandsvorsitzenden der Landesbank, Werner Schmidt, und seine ehemaligen Kollegen sowie gegen CSU-Politiker, die die Manager im Verwaltungsrat kontrollieren sollten. Die BayernLB hatte mit dem Kauf der maroden österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) und dem Erwerb sogenannter ABS-Papiere Milliardenverluste gemacht. Dem Verwaltungsrat gehörten seinerzeit unter anderen der ehemalige Finanzminister Kurt Faltlhauser, der einstige Ministerpräsident Günther Beckstein sowie Ex-Parteichef Erwin Huber und der heutige Fraktionsvorsitzende Georg Schmid (alle CSU) an. Die Pleite rund um den Kauf der HGAA untersucht zur Zeit auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags.

Gutachten hatten ergeben, dass der Vorstand für den Schaden haftbar gemacht werden kann. Der aktuelle Verwaltungsrat der Landesbank beriet gestern über eine mögliche Klage gegen die einstigen Vorstände. Ein vom Landtag in Auftrag gegebene Studie der Rechtsanwaltskanzlei Flick Gocke Schaumburg kommt zudem zu dem Schluss, dass wohl auch die Verwaltungsräte "grob fahrlässig" gehandelt haben. Sollte ein Gericht zu dem selben Urteil kommen, müssten auch sie für den Schaden aufkommen. Wegen der Affäre steht auch Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) unter Druck, weil er die Klage gegen seine Parteifreunde einleiten müsste. In der CSU befürchtet man deshalb einen großen Imageschaden.

"Die CSU muss sich überlegen, ob sie Fahrenschon oder Huber schlachten möchte", sagte der Abgeordnete der Freien Wähler, Bernhard Pohl. Auch der Finanzminister könne haftbar gemacht werden, wenn er die Verjährungsfrist verstreichen lasse. Für diesen Fall kündigte Pohl eine Klage an. Der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr betonte, selbst wer derzeit nicht von einem Haftungsanspruch gegen die ehemaligen Verwaltungsräte überzeugt sei, müsse den Freistaat vor der Verjährung schützen.