Schrobenhausen
Vogelwilde Kindheitserinnerungen treffen ebensolche Stubenmusi

Reiderweiberhias begeisterten rund 50 Besucher mit ihrer Bühnenpremiere in der Buchhandlung

24.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Die Buchhandlung wurde zur Premierenbühne von Reiderweiberhias: Zur musikalischen Lesung luden Irene Bock (v.l.), ihre Schwester Rita Brunner und der gecastete Hias alias Andreas Wenger, der das ehemalige Damenduo zum keck-temperamentvollen Trio komplettierte. - Foto: Staimer

Schrobenhausen (tsj) Bayerisch mit Ecken und Kanten, das ist Reiderweiberhias fürwahr. Am Donnerstagabend feierte das Trio mit seiner frechen musikalischen Lesung Bühnenpremiere in der komplett ausverkauften Buchhandlung an der Stadtmauer.

"Wir machen heit Musi und verzähln G'schichten - auch eigene", leitete Rita Brunnen einen durch und durch unterhaltsamen Abend ein. Die Atmosphäre ausgesprochen heimelig, fast schon familiär - trotz der gut 50 Zuhörer. Draußen feierte der Hochsommer seinen Einzug. Drinnen auch. Heiß war's, und noch heißer wurde es, als Reiderweiberhias mit Musik und Texten zurück in eine wilde Kindheit blickten - in die auf dem Reiderhof im Pfaffenhofener Hinterland und in diejenige, die Emerenz Meier im äußersten Winkel des Bayerischen Waldes vor über 100 Jahren erlebte.

Es war ein ausgesprochen unterhaltsamer Mix aus Musik, G'schichten und Texten. Das ganze Spektrum, was Stubenmusi im engen wie im weiteren Sinne zu sein vermag, wurde abgedeckt. Mit Gesang, Hackbrett, Zither, Geige und Akkordeon ging es vom volksmusikalischen Traditional zum Zwiefachen und über die Klassik direkt in den Balkan - teils selbstkomponiert, neuarrangiert oder ausgeliehen. Lesen und erzählen, singen und spielen, das ist es, was die drei mit Bravour und temporeich machten.

Pure Spielfreude traf auf Temperament, Lebenslust auf musikalisches Können und alles zusammen scheinen Reiderweiberhias zu dem zu machen, was sie sind: bayrisch, erdig, kantig. Das Publikum ließ sich mit- und hinreißen von der Musik und den ausgewählten Texten. Intime Details vom urigen Familienleben in Kienhöfe, wo Rita Brunner mit fünf Geschwistern aufgewachsen ist zwischen ferkelnden Sauen, Hopfen, Misthaufen und Kaulquappen-Drecklache, wie sie launig beschrieb.

Mit "Des freien Waldes wildes Kind", war nicht nur das Programm überschrieben. Der Titel steht auch für einen prägenden Lebensabschnitt. "Der Titel, der entspricht uns: barfüßig, dreckerd, in Wald und Wiese, vor Freiheit strotzend und beseelt", erklärte Irene Bock.

Tiefgründig wurde geschürft in der männlichen Psyche bei einem Wirthausbesuch auf den Pfaden von Emerenz, deren verballhornten alttestamentarisch anmutenden Verhaltensregeln, dem Blick auf alles Vergängliche oder der verkannten Altphilologie. "Harry Potter ist ein Weichei gegen die griechische Götterwelt", begeisterte sich Rita Brunner mit Blick auf den heißgeliebten Altgriechisch-Unterricht.

Das hohe Lied sangen die beiden Damen auf ihren Hias, der ja laut Irene Bock eigentlich "unser Andi" ist, der einzige im Trio mit dem rechtschaffenen Beruf "Computer und so". Dieser empfahl sich dann auch gleich musikalisch als probater Kandidat für den Stadtrat, mit seinen mitgebrachten Gaben, die da lauteten "schlau daherreden und fui erzählen". "Zu dritt ist es schöner", findet Rita Brunner allemal.

Spirituell, geradezu transzendental, wurde es zum Schluss. "Aus der inneren Mitte" mitzusingen, empfahl Rita Brunner beim Wiegenlied "Heidschi Bumbeidschi" mit eingebetteter Gstanzl-Salve. "Ich hätte gern noch mehr gehört", fand ein rundum begeisterter Zuhörer, der damit den meisten aus der Seele zu sprechen schien.

Wegen der großen Nachfrage gibt es am Montag, 4. Juli, um 19 Uhr eine zweite Auflage der musikalischen Lesungen mit Geschichten von früher. Die Karten kosten fünf Euro (ermäßigt drei) und können in der Buchhandlung an der Stadtmauer vorab unter Telefon (08252) 88 93 01 reserviert werden.