Ingolstadt
"Völlig verspult und verstrahlt"

Einem Drogensüchtigen droht wegen Ausrastern nach Konsum von "Badesalz" die Psychiatrie

01.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:50 Uhr

Ingolstadt (DK) Der Stoff ist vergleichsweise einfach übers Internet zu beziehen und hat beim einen oder anderen Konsumenten bereits zu irrwitzigen Aussetzern, ja sogar schon zum Tode geführt: Amphetaminmischungen mit dem Wirkstoff Mephedron gelten längst als Modedrogen und sind in der Szene unter dem verharmlosenden Namen „Badesalz“ bekannt.

Ein Fall vor dem Landgericht zeigt seit gestern symptomatisch auf, wohin der Konsum der immer wieder neu „komponierten“ Synthetikmischungen führen kann: Ein 31-jähriger Ingolstädter war im vergangenen Herbst in der Psychiatrie des Klinikums ausgerastet, nachdem er „Badesalz“ geschluckt hatte. Seither ist er vorläufig in der Isar-Amper-Klinik in Haar untergebracht. Nun droht ihm möglicherweise sogar eine richterliche Einweisung auf unbestimmte Zeit.

Die Erste Strafkammer unter Vorsitz von Landgerichts-Vizepräsident Paul Weingartner muss sich in dem mehrtägigen Prozess intensiv mit den Hintergründen der Taten beschäftigen, die die Staatsanwaltschaft ursprünglich beim Ingolstädter Schöffengericht angeklagt hatte. Dort hatte man den Fall im Frühjahr aber wegen der möglichen Tragweite an die höhere Instanz abgegeben.

Dabei hatte sich der seit vielen Jahren auch an harte Drogen gewöhnte und vorbestrafte Täter im vergangenen Oktober zunächst aus freien Stücken in klinische Behandlung gegeben. Weil er nach Konsum der Amphetaminpillen Panikattacken erlitten hatte, suchte der auch bereits mit allerlei Entzugstherapien vertraute Mann ärztliche Hilfe. Doch dann fürchtete er – wahrscheinlich im Drogenwahn – plötzlich um Freiheit und sogar Leben und bedrohte Pfleger mit Brotzeitmessern, um das Krankenhaus mit geraubten Schlüsseln wieder verlassen zu können.

Wenig später von der Polizei aufgegriffen, landete der Junkie erneut in der Psychiatrie, wo der Mann dann völlig die Kontrolle verlor: Noch während der Aufnahme verbarrikadierte er sich in einem Zimmer, setzte einen Papierkorb in Brand und bedrohte die Polizeibeamten mit „Abfackeln“ und Elektroschocks. Ein Polizeihund brachte den tobenden Drogensüchtigen schließlich durch einen Biss in den Unterarm zur Räson. Seither sitzt er in Haar.

Er sei durch das „Badesalz“ gründlich von der Rolle gewesen, schilderte der Mann gestern dem Gericht: „Ich war völlig verspult und verstrahlt durch das Zeug.“ Er habe „paranoide Wahnvorstellungen“ gehabt, hatte angeblich letztlich „keine Ahnung mehr, was ich da gemacht habe“.

Auch die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 31-Jährige zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war, weshalb die Vorwürfe des schweren Raubes, der schweren Brandstiftung, der Bedrohung und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zwar im Raum stehen, womöglich aber gar nicht juristisch geahndet werden können. Das Gericht wird zur Aufhellung neben einigen Zeugen auch medizinische Gutachter hören. Der Prozess wird erst Mitte August fortgesetzt.