Vier Worte, drei Autos, zwei Mercedes und ein Skandal

Ehemaliger Audi-Motorsportchef Ullrich löst mit einem Funkspruch eine Kettenreaktion in der DTM aus

24.04.2020 | Stand 02.12.2020, 11:29 Uhr
Audi-Motorsportchef Wolfgang Ullrich. −Foto: Audi

Es war der wohl berühmteste Funkspruch in der DTM-Geschichte. „Timo, schieb ihn raus!“ Gerichtet waren diese Worte an Timo Scheider – und Timo gehorchte beim Rennen auf dem österreichischen Red-Bull-Ring im Jahr 2015. Doch was war passiert?

Es lief die letzte Runde eines verregneten und spannenden Rennens auf der  Rennstrecke in Spielberg. Vorne ließ Mattias Ekström im Audi nichts anbrennen, die TV-Kameras waren deshalb auf den Dreikampf um Platz sechs gerichtet. Robert Wickens im Mercedes führte den kleinen Pulk an, es folgte Timo Scheider und der Meisterschaftsführende Pascal Wehrlein, ebenfalls im Mercedes.

Beim Anbremsen  auf die etwa 90-Grad-Kurve, die  Remus-Kurve, setzte sich Wehrlein neben Scheider und quetschte sich an ihm vorbei. Auf der folgenden Geraden ließ Wickens noch Wehrlein passieren. Dann folgte der inzwischen legendäre Funkspruch, der einen Skandal auslöste: „Timo, schieb ihn raus.“ 

Die Stimme gehörte Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich. Die Aufforderung war an Scheider gerichtet, der pflichtbewusst in der nächsten Kurve leicht das Heck von Wickens touchierte, der daraufhin Wehrlein anschob. Beide Mercedes flogen ab und blieben im Kies stecken. Unfallverursacher Scheider fuhr weiter und überquerte auf Platz sechs die Ziellinie.  Im englischen Fernsehen nannte es der Moderator mit dem ihm typischen britischen Humor einen „Snooker Move“.  

Auch Wehrlein selbst kann einige Jahre später darüber lachen.  „So gut, wie er es gemacht hat, hätte ich es nie hinbekommen“, sagte Wehrlein  im Formel-1-Podcast „Starting Grid“. „Er hat es wirklich perfekt gemacht: Er hat Robert so leicht angeschoben, dass der sein Heck verloren und mich mit rausgeschoben hat. Und er selbst ist ja perfekt um die Kurve gekommen.“ 

Aber für den perfekten „Move“ gab es für Scheider nach dem Rennen keine Komplimente: Er wurde für das nächste Rennwochenende gesperrt. Ullrich, der das Ganze durch seinen Funkspruch ins Rollen gebracht hatte, wurde bis zum Saisonende der Zutritt zur Boxengasse verboten. Zudem musste Audi eine Strafe von in Höhe von 200 000 Euro zahlen – und die Ingolstädter hatten einen großen Imageschaden erlitten nach einem der wohl größten Skandale in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM).

„Das in den Funk hinein zu sagen, war ganz einfach nicht clever“, gab sich Ullrich in einem Interview mit speedweek.com im Jahr 2017 geläutert. „Gedacht haben das viele Leute mal, und gesagt haben das sicherlich auch viele, aber nicht live im Fernsehen. Das darf halt nicht passieren. Es ist mir passiert, das war ein Fehler. Es war einfach Emotion, ich hätte es nur nicht sagen dürfen“, ergänzte der Österreicher.

Der Rammstoß sollte sich für Audi aber auch am Ende im Kampf um die Meisterschaft nicht auszahlen. Wehrlein reiste zwar als Gesamtführender nach Österreich, verlor aber nach dem Zwischenfall die Spitze an Ekström, der das Rennen gewann. Am Saisonende durfte aber Wehrlein trotzdem  über den Gesamtsieg jubeln.

In eigener Sache

Aufgrund der Corona-Pandemie wird die Welt aktuell  von negativen Nachrichten überschüttet. Wir blicken deshalb in unserer Serie auf Geschichten zum Schmunzeln oder Kuriositäten aus der Welt des Sports.