Wolnzach
Vier Jahrzehnte für den Magistrat

Gerti Wendl hat als Standesbeamtin unzählige Ehen geschlossen und ist dabei immer noch aufgeregt

14.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:11 Uhr

Ein Hoch auf sie: Kollegen und Bürgermeister Jens Machold (vorne, von links) gratulierten Gerti Wendl, die schon 40 Jahre im Rathaus arbeitet. Geehrt wurde auch Maria Kloess für 25 Jahre im Kindergartendienst. - Foto: Trouboukis

Wolnzach (WZ) Wenn jemand seit 40 Jahren für den gleichen Chef arbeitet, dann heißt das schon etwas. Und wenn dieser Chef der Markt Wolnzach ist und besagte Person einen Großteil dieser Zeit als Standesbeamtin tätig ist, dann wird daraus eine Geschichte über den Wandel der Zeit - und über Gerti Wendl.

Im Vordergrund stehen? Nein, das mag sie eigentlich gar nicht. Aber dieses Mal hat sie keiner danach gefragt. "Gerade in der heutigen Zeit ist das schon ungewöhnlich, wenn jemand 40 Jahre lang für einen Arbeitgeber tätig ist - und auch eine Auszeichnung für denselben", das sagte Bürgermeister Jens Machold, als er am vergangenen Dienstag Gerti Wendl ehrte. Das stehe für Engagement und Loyalität - unschätzbare Werte, sagte der Rathauschef bei der Ehrung, bei der auch Maria Kloess für 25-jährige Tätigkeit im gemeindlichen Kindergarten Am Brunnen ausgezeichnet wurde.

40 Jahre - als sie sich wieder an ihren Schreibtisch im ersten Stock des Wolnzacher Rathauses setzte, da kamen die Erinnerungen, die am Freitag im Gespräch mit unserer Zeitung noch lebendiger wurden. "Das kommt mir gar nicht so lange vor", sagt sie. Und doch: Es sind viele Bilder für viele Jahre, die da auftauchen. Bilder ihrer ersten Zeit, als sie als 16-Jährige im Frühjahr 1975 erst einmal einen Einstellungstest machen musste, den sie als Beste bestand.

Und dann gehörte sie zum Rathaus. Oberster Chef war der gerade gewählte Altbürgermeister Anton Dost und für Alteingesessene unvergessene Charaktere hatten im Magistrat das Sagen. Verschiedene Abteilungen durchlief Gerti Wendl, bis sie 1979 ins Standesamt kam. Dort war Käthe Brummer Chefin, eine Frau, die unzählige Ehen geschlossen hat. "Damals war noch vieles anders", erinnert sich Gerti Wendl. Standes- und Passamt gehörten zusammen, die grauen Ausweise wurden noch mit der Pass-Schreibmaschine getippt. Fatal, wenn man da daneben langte: "Dann musste alles noch einmal gemacht werden."

Der Wandel der Zeit brachte im Passwesen revolutionäre Veränderungen, heute geht nicht nur alles voll elektronisch, sondern gehört auch nicht mehr zu Wendls Zuständigkeitsbereich: Seit der Umstrukturierung im Rathaus vor eineinhalb Jahren gibt es die Pässe jetzt im Erdgeschoss, nicht mehr im ersten Stock in dem Büro, an dem auch Gerti Wendls Name steht.

Geblieben ist das Standesamt und damit eine große Verantwortung: Zusammen mit ihren Kolleginnen hat Gerti Wendl das Erbe Käthe Brummers angetreten - und ebenfalls schon viele Ehen geschlossen. "Das ist schon aufregend", sagt sie, immer wieder freut sie sich, wenn sie Paare in das schöne Wolnzacher Trauungszimmer führen darf. "Das ist heute schon etwas anderes", denkt sie zurück an die Zeiten vor der Rathausrenovierung, als für die Trauungen immer der damals kleine Sitzungssaal umgeräumt werden musste: Tische verschieben, grüne Tischdecke drüber, links und rechts ein Blumenstock - fertig. So war das einmal. "Früher haben wir im Talar getraut", fällt ihr auch noch ein. Vorteil dabei: Man musste sich nicht extra umziehen und hatte doch ein würdevolles Outfit an. Aber das soll ja nicht in die Zeitung.

Würdevoll sein, das muss ein Standesbeamter auch dann, wenn es mal unangenehm wird. Und auch das hat Gerti Wendl schon erlebt: "Bei einer Trauung hatte ich einmal zehn Leute - und acht davon haben fotografiert." Nur sie selbst und das im Blitzlichtgewitter "Ja" sagende Brautpaar saßen ruhig am Tisch. Generell beobachtet sie bei Trauungen einen Wandel: "Früher waren die Paare oft ganz jung, dann älter und jetzt werden sie wieder jünger, das ist so ein Trend." Und auch die Ansprüche beim Heiraten im Amt seien ganz unterschiedlich: Da gibt es die einen, die so viele Leute mitbringen, dass das Trauungszimmer aus allen Nähten platzt und die anderen, die ihre Heiratsurkunde ohne großes Brimborium gleich in Wendls Büro unterschreiben. "Jeder, wie er das möchte." Dass Paare es sich anders überlegten und dann doch nicht heiraten - schon vorgekommen. Paare, die sich im Standesamt so gestritten haben, dass sie danach auseinandergingen - ebenso. "Aber das war nicht bei mir, das war bei einer Kollegin." Tränen, Lachen, Aufregung, Wut, Trauer - Emotionen, mit denen sie in ihrem Büro, zu dem auch die Friedhofverwaltung gehört, oft genug konfrontiert ist. Da heißt es, professionell bleiben. Oder, wie Gerti Wendl es schlicht ausdrückt: "Wir machen halt einfach unsere Arbeit."