Karlskron
Vier gegen einen

Gemeinderat Karlskron: FW, SPD, Grüne und CLK fordern mehr Informationen von Bürgermeister Stefan Kumpf

18.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Mangelnde Information werfen etliche Gemeinderäte Stefan Kumpf vor. - Foto: DK-Archiv

Karlskron (DK) Zu wenig Informationen für den Gemeinderat, keine Möglichkeit für Anfragen, Beschlüsse, die nicht umgesetzt werden, eigenmächtiges Vorgehen: Die Vorwürfe etlicher Gemeinderatsmitglieder an den Karlskroner Bürgermeister Stefan Kumpf (CSU) sind massiv.

In der jüngsten Sitzung kulminierte die Auseinandersetzung in einem Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung, der von Vertretern aller Fraktionen (Freie Wähler, SPD, CLK und Grüne) außer der CSU unterzeichnet worden war: Vier-Augen-Prinzip, Unterlagen und Beschlussvorlagen zu den Sitzungen, ein zehnjähriger Finanzplan und Korrektur der Wertgrenze für freihändige Vergaben durch den Bürgermeister. Auslöser für die Debatte gab es offenbar zwei: eine Stellenbesetzung im gemeindlichen Bauamt und die Grundsteinlegung für die Sporthalle, zu der der Gemeinderat nicht eingeladen war.

Bei der besagten Personalie wollte das Gremium 2015 die Einstellung eines Mitarbeiters im Bauamt auf ein Jahr befristen. Stattdessen schrieb Kumpf die Stelle unbefristet aus (mit sechs Monaten Probezeit), was das Landratsamt in der überörtlichen Prüfung beanstandete. Kumpf räumte jetzt ein, einen Fehler gemacht zu haben. Aber: Befristet wäre die Stelle angesichts der boomenden Bauwirtschaft in der Region wohl unbesetzt geblieben, so der Rathauschef.

Ganz anders die Reaktionen im Plenum: "Da war das Maß dann voll", sagte Christa Froschmeir (CLK) nach der Sitzung gegenüber unserer Zeitung, während Kurt Bachhuber (FW) zumindest ein gewisses Verständnis aufbringt. Als Konsequenz fordern die Gemeinderäte ein Vier-Augen-Prinzip bei derartigen Einstellungen, worüber es denn auch keine Diskussionen gab: Künftig soll Vize-Bürgermeisterin Hedwig Brüderle (FW) gegenzeichnen.

Dagegen ging es bei dem Vorwurf mangelnder Informationen in der Sitzung zur Sache. "Zumindest der Beschlusstext ist ein berechtigter Anspruch", formulierte es Werner Widuckel (SPD): "Das könnte auch Zeit sparen." "Der Rat muss sich vorbereiten, die Unterlagen müssen rechzeitig kommen", forderte Silvia Dirsch (Grüne). Auch Brüderle will zumindest die Beschlussvorlagen der Verwaltung haben. "Das ist ein ständiges Thema, das haben wir schon oft gebracht", resümierte Froschmeir. "Ich habe ein gutes Verhältnis zu Kumpf", sagte Bachhuber, der die Sache nicht dramatisieren will. "Aber ein bisschen mehr Informationen wären durchaus förderlich", sagte Bachhuber auf Anfrage. "Da hat sich einiges aufgestaut", berichtet Martin Wendl (Grüne). "Wir haben zu wenig Informationen zur Tagesordnung. Das ist eine Bringschuld der Verwaltung." Zwar gebe es ein Beschlussverfolgungsprogramm, aber das müsse auch mit Daten gefüttert werden. Er habe zu Kumpf ein gutes Verhältnis, so Wendl. Aber immer wieder mündliche Nachfragen und Informationen - das bringe auf Dauer nichts. Der Kreisrat kritisierte auch, dass der Bauausschuss selten tagt.

"Wir stellen ständig Anfragen, aber es passiert nichts", klagt Froschmeir. Daher auch die Fülle von Nachfragen im mittlerweile abgesetzten Tagesordnungspunkt "Anfragen". Außerdem erfahre der Gemeinderat manches erst aus dem Internet oder in Bürgerversammlungen. Als Beispiele nannte sie die Grundsteinlegung für die neue Halle, den Hotspot in Pobenhausen, Pläne für den Neubau eines Kindergartens oder die kaputte Friedhofsmauer. Andererseits würden Beschlüsse des Gemeinderats und Anregungen nicht oder erst spät umgesetzt, nicht einmal kleinere Angelegenheiten. Als Beispiele nannte sie einen Internet-Hotspot für Karlskron, die Reinigung verschmutzter Ortsschilder oder größere Abfallbehälter für den Friedhof. Bei Kumpfs Vorgänger Friedrich Kothmayr seien die Räte besser informiert gewesen - nicht zuletzt aufgrund des 14-tägigen Rhythmus' der Sitzung (wegen der Audi-Schichtarbeiter). Jetzt wird alle drei Wochen getagt.

"Ich kann nicht sagen, dass der Bürgermeister falsche Entscheidungen trifft oder nichts tut", sagte Thomas Krammer (SPD) auf Anfrage: "Ich weiß es schlicht und einfach nicht." Das sei das Gegenteil von Transparenz, die man am Anfang der Wahlperiode vereinbart habe. Zwar würden viele Beschlüsse gefasst. "Aber wie geht's weiter? Wir wissen nicht, wo wir aktuell stehen." Den Tagesordnungspunkt "Anfragen" brauche er persönlich nicht. "Aber sonst erfährt man gar nichts mehr." Außerdem habe sich in der Sitzung gezeigt, dass die Fraktionen von SPD, FW, CLK und Grünen über die Mehrheit im Gemeinderat verfügen.

Die vier hatten auch gefordert, die Grenze für Vergaben durch den Bürgermeister abzusenken, die bei 12 500 Euro liegt - üblich sind bei Gemeinden dieser Größe 15 000 bis 20 000 Euro. "Es ist nicht bewiesen, dass das nicht funktioniert hat", brachen Bernd Nentwig (CSU) und andere Gemeinderäte eine Lanze für Kumpf. "Erbsenzählerei ist ein Schmarrn", sagte Brüderle. Der Kompromiss: Die Grenze bleibt, aber der Bürgermeister informiert.

"Ich habe noch nie Unterlagen für die Sitzung absichtlich nicht herausgegeben", erklärte Kumpf in der Sitzung. Früher habe es nur die Ladungen gegeben. Unterstützung erhielt er von Nentwig: "Wir haben so viele Infos wie noch nie bisher." Letztlich fand der Vorschlag der vier Fraktionen aber eine Mehrheit im Gemeinderat. Anders als in der kommunalen Mustersatzung müssen Unterlagen jetzt beigefügt werden, sofern sie nicht den nicht-öffentlichen Teil betreffen - also ein Muss.

"Ältere Gemeinderäte müssten eigentlich wissen, wie es früher war", so Rathauschef Kumpf gegenüber unserer Zeitung. Damals, als er noch nicht im Gemeinderat war, sei vieles nicht öffentlich besprochen worden. Das Ratsinformationssystem, das jetzt gekauft wird, sei schon länger geplant gewesen, konnte aber aus mehreren Gründen nicht umgesetzt werden. Den offiziellen Tagesordnungspunkt "Anfragen" wird es auch künftig nicht geben. Das ist möglich, da die Tagesordnung vom Bürgermeister festgesetzt wird und nicht vom Gemeinderat. Kumpf will anders verfahren: Die Räte sollen ihre Fragen vor der Sitzung stellen. "Wenn's wichtig ist, wird es ein eigener Punkt auf der Tagesordnung. Wenn nicht, wird es von der Verwaltung erledigt." Wie er betont, sei dies mit der Rechtsaufsicht abgeklärt und werde von etlichen Gemeinden so praktiziert. Kumpf erhofft sich dadurch eine "Verbesserung der Qualität der Antworten". Die Gemeinderäte sollten doch einfach ins Rathaus gehen und ihre Anliegen vorbringen.