Röttenbach
Viele Schläge, wenig Erinnerung

Drei Haftstrafen zur Bewährung nach Wirtshausschlägerei in Georgensgmünd

09.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr

Röttenbach/Schwabach (rsc) Nach einer "ausufernden Beweisaufnahme", wie Richter Michael Schlögl nach fast dreistündigem Prozess selbst festgestellt hat, sind am Amtsgericht Schwabach zwei junge Frauen aus Röttenbach wegen gefährlicher Körperverletzung und ihr Bruder wegen Körperverletzung zu Freiheitsstrafen verurteilt worden.

In dem Verfahren ging es um eine Schlägerei in einer Georgensgmünder Gaststätte. Ina und Manuela Müller (alle Namen geändert), 21 und 24 Jahre alt, erhielten dafür sechs und acht Monate Gefängnis. Der 27-jährige Gerhard Müller musste acht Monate Haft hinnehmen. Alle Strafen sind für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden. Zusätzlich muss jeder der drei Täter 1000 Euro an eine karitative Einrichtung im Landkreis Roth bezahlen. Vor dem Urteilsspruch waren neun Zeugen vernommen worden, um den Sachverhalt aufzuklären.

Eigentlich wusste niemand mehr so recht, wie es zu der Auseinandersetzung vor der Georgensgmünder Kneipe gekommen war. Ina und Manuela Müller fühlten sich wohl vom Opfer beleidigt und rückten ihr deshalb auf den Pelz. Aufgrund ihres Alkoholkonsums konnten sie sich lediglich noch daran, erinnern, die 19-jährige Manuela Koch (Name geändert) in eine Ecke gedrängt und an den Haaren gezogen zu haben. "Viel weiß ich nicht mehr", sagten beide. Passiert sein muss aber sehr wohl mehr. Das Krankenhaus attestierte Koch einen Bluterguss an der Schulter und blaue Flecken am Rücken. Aufgrund von Übelkeit und Erbrechen verbrachte die Röttenbacherin wegen Verdachts auf Gehirnerschütterung sogar vier Tage zur Beobachtung im Rother Krankenhaus. Vermutlich war sie mit dem Kopf gegen die Wand geknallt, denn Schläge ins Gesicht habe sie nicht gespürt, erklärte sie.

Gerhard Müller hatte ausgesagt, er habe gesehen, wie ein junger Mann seine beiden Schwestern bedrängt und vor deren Gesicht herumgefuchtelt habe. "Er hat wild gestikuliert und gedroht", schilderte er vor Gericht seinen Eindruck. Deshalb habe er eingegriffen. Er und sein Gegner seien zu Boden gegangen. "Er wollte mich nicht loslassen, da habe ich einmal zugeschlagen", erklärte Müller. Das Opfer konnte sehr wenig zur Klärung beitragen. "Ich kann mich nicht mehr so erinnern, denn ich war ziemlich betrunken", so Olaf Huber (Name geändert).

In ähnlicher Weise äußerten sich auch einige weitere der insgesamt neun Zeuginnen und Zeugen. "Ich weiß so gut wie überhaupt nichts", sagte einer. "Die Auseinandersetzung der beiden Männer habe ich gar nicht gesehen" erklärte ein anderer. "Und ob die Frauen geschlagen haben, kann ich nicht sicher sagen" fügte er hinzu. Ein Zeuge wollte gesehen haben, dass Gerhard Müller seinen Gegner vor dem Kampf auf dem Boden geschlagen habe. Der Nächste war überzeugt, dass der Schlag am Boden erfolgt sei.

Die Staatsanwältin erklärte in ihrem Plädoyer, dass alle drei verurteilt werden müssen. "Alle Schläge sind nachweisbar", fand sie. Olaf Huber hatte immerhin eine Platzwunde auf der Stirn davongetragen, die behandelt werden musste. Die Verletzungen Kochs seien noch schlimmer, so die Anklagevertreterin. Richter Schlögl folgte ihren Anträgen.

Das Verfahren gegen einen vierten Angeklagten hingegen wurde eingestellt. Er soll eine junge Frau an einer nahe gelegenen Bushaltestelle so zu Boden geschubst haben, dass sie eine Gehirnerschütterung und eine Schädelprellung davontrug. "Keiner der Zeugen hat geschildert, dass Sie die Frau vorsätzlich geschubst haben", begründete Schlögl diese Entscheidung, der die Staatsanwältin zustimmte.