Viele haben versagt

Kommentar

29.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:17 Uhr

Selbst wenn es bislang - vom Tag des Referendums einmal abgesehen - relativ friedlich geblieben ist in Katalonien: Eine Festnahme des von Madrid abgesetzten katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont könnte die Lage ändern.

Das ist Ministerpräsident Mariano Rajoy hoffentlich klar.

Mit seinem unerbittlichen Kampf gegen mehr Autonomie für die Katalanen hat Rajoy zur Verschärfung der Lage beigetragen. Dadurch fühlte sich Puigdemont erst richtig angestachelt. Der Katalane hat sich verrannt, hat seine Position völlig verkannt, indem er annahm, die EU werde einer Republik Katalonien den roten Teppich ausrollen, und die Unternehmen würden weitermachen und Steuern zahlen, als sei nichts geschehen. Puigdemont hat seinem Volk ein Märchen erzählt. Und niemand war da, der den Unabhängigkeitsbefürwortern die Augen geöffnet und ihnen klargemacht hat, dass sie sich auf einem fatalen Irrweg befinden.

König Felipe hat im Moment größter Gefahr so atemberaubend versagt, dass sich mehr als je zuvor die Frage der Daseinsberechtigung der Monarchie stellt. Und die EU hat es versäumt, im Hintergrund ihren Einfluss geltend zu machen und mäßigend einzuwirken.

Rajoy mag das Recht auf seiner Seite haben, doch er sollte alles tun, um den Konflikt nicht anzuheizen. Mit der Ankündigung von Neuwahlen hat er ein Signal der Entspannung gesandt. Er will die Zwangsverwaltung schnell aufheben. Dass eine Mehrheit der Katalanen für den Urnengang ist, macht Hoffnung.