Thalmässing
Viel zu nähen und noch mehr zu lachen

Die Organisatorinnen der Thalmässinger Nähnacht treffen sich regelmäßig zum Handarbeiten

06.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:00 Uhr
Gemeinsam geht alles leichter von der Hand: Christa Breindl, Rita Schiller, Brigitte Burmester, Karin Hölzel und Sabine Schwarz (von links) sind die Organisatorinnen der Nähnacht. −Foto: Foto: Steimle

Thalmässing (HK) Nähmaschinen surren, Stricknadeln klappern - das beherrschende Geräusch im Raum ist aber das Lachen. Seit zehn Jahren treffen sich die Thalmässinger Organisatorinnen der Nähnacht, die im Oktober wieder im Bunker stattfindet, zum Handarbeiten. Und sie haben dabei jede Menge Spaß.

"Einmal habe ich schnell noch vor unserem Treffen eine Tasche fertiggemacht, die ich dann vorführen wollte", erinnert sich Karin Hölzel schmunzelnd. Die Präsentation ging aber gründlich schief: "Sabine hat in die Tasche hineingefasst und festgestellt, dass ich die Innentasche falsch herum eingenäht habe." Das muss sie sich heute noch hin und wieder anhören, wenn sie mit genauem Blick die Nähte der anderen kontrolliert. "Aber alleine könnte man ja auch nicht so gut darüber lachen", sagt Hölzel.

Das ist auch der Grund für das regelmäßige Treffen in Hölzls Nähzimmer bei ihr zu Hause. "Zusammen handarbeiten ist einfach schöner", ist Christa Breindl überzeugt. Aus diesem Gedanken entstand die Nähnacht im Bunker, die am 12. Oktober bereits das fünfte Mal stattfindet. "Es hat sich jedes Mal ein bisschen gesteigert", sagt Hölzel und Breindl fügt hinzu, "dass man nun schon gefragt wird, wann wieder Nähnacht ist". Besonders freut alle, dass auch viele junge Leute kommen. "Manche Mütter nähen nicht, sondern tragen ihren Töchtern die Nähmaschine rein", erzählt Rita Schiller, und diese werkeln dann mit viel Ehrgeiz an ihren Projekten. "Sie wollen es fertig haben, wenn sie nach Hause gehen."

Das zeigt, dass das Handarbeiten schon lange wieder im Trend liegt. "Crafting" und "Do it yourself" werden Bücher und Tipps heute betitelt, um etwas zu beschreiben, was viele der Gruppe seit ihrer Kindheit beschäftigt: Die Handarbeit. "Ich habe bei meiner Mutter viel gesehen, sie war Schneiderin", sagt Breindl, während sie an einem Schultertuch strickt. Zudem hat sie das Nähen in der Schule gelernt, aber das gefiel ihr damals nicht so gut. "Wir haben eine Schürze und ein Kopftuch genäht, das mussten wir dann beim Kochen anziehen." Viel besser gefiel ihr das Sticken, das sie heute noch gerne macht - gemeinsam mit ihrer Enkelin. Auch Brigitte Burmester hat sich einiges bei ihrer Mutter abgeschaut. "Als die Kinder klein waren, hat mir die Zeit gefehlt." So richtig damit angefangen hat sie erst wieder beim Treffen mit den anderen. Und sie hat ihre Tochter ebenfalls mit dem Handarbeits-Virus infiziert. Gerade liegen Babysachen vor ihr auf dem Tisch - eine Sommerhose und ein Hütchen.

Gestrickt und gehäkelt hat Sabine Schwarz "schon immer, genäht aber erst mit euch". Mützen, Strümpfe und Pullover hat sie aus Wolle gefertigt, heute sitzt sie an einer bunten Tasche mit einem Zickzack-Muster.

Die vielen handgefertigten Dinge - Kosmetikbeutel, ein Adventskalender, kleine Kissen, Brotkörbe, Taschen und vieles mehr, stehen im Regal oder lagern in Kisten. In beinahe jeder Ecke von Hölzels Nähzimmer findet sich etwas von Hand Gefertigtes oder die Materialien dazu - Stoffreste, Nadeln, Faden. Von den ausgefalleneren Dingen, wie dem kopfüberhängenden Stoffhuhn, in dem Dinge aufbewahrt werden können, oder den bunten Einbänden für Aktenordner können die Frauen nur Fotos auf ihren Handys zeigen - sie sind schon lange verkauft, etwa auf dem Weihnachtsmarkt oder der Waldweihnacht auf dem Landeck. "Man muss das Ganze ja auch wieder losbekommen", sagt Hölzel.

Dabei hatte sie am Anfang "so was kann ich nie" gedacht, als sie eine Arbeitskollegin zum Patchworken mitnahm. Heute fährt Hölzel gemeinsam mit den anderen Frauen auf Handarbeitsmessen, sie waren schon in Würzburg, Erding und München. Dort findet man nicht nur neue Stoffe, sondern auch Ideen. Diese setzen sie gemeinsam um, einmal haben sie sich auch schon ein ganzes Wochenende getroffen, um zu arbeiten. Das kann auch schiefgehen: "Der Rucksack war eine Katastrophe", erinnert sich Hölzel lachend, mit der englischen Beschreibung, die im Übrigen recht teuer war, kam man nicht weiter. Am Ende nahm man sich das Bild vor und nähte den Rucksack danach.

Das erinnert Burmester an die Arbeitsweise einer Asylbewerberin bei der Nähnacht. "Sie hat sich die Leute angeschaut, sie grob vermessen und ihnen dann etwas genäht." Doch auch wer noch nicht über so viel Übung verfügt, kann sich dort versuchen "und wir sind ja auch noch da und helfen", sagt Hölzel. Die Gemeinschaft sei das Schöne, betont Schiller, oft treffe man die Teilnehmerinnen später auf der Straße "und es entwickelt sich ein Gespräch". Manche sehen sich auf der Nähnacht nur um und erzählen dann, dass zu Hause eine Nähmaschine ungenutzt verstaubt. "Bring sie doch das nächste Mal mit", lautet die Antwort.

Im Internet haben die Frauen gesehen, dass Nähnächte in Großstädten professionell angeboten werden, mit Eintritt und Stoffverkäufern. Doch genau das wollen sie nicht. Da sie im Bunker Miete bezahlen müssen, stellen sie ein Sparschwein auf, außerdem bringen sie Stoffreste selbst mit, an denen sich jeder bedienen darf. "Wir bekommen auch oft etwas vererbt", sagt Schiller. Die restlichen Dinge, Kabeltrommeln, Lampen und Bügelbretter bringen die Organisatorinnen mit.

Dort finden sich dann Handarbeiterinnen aller Art zusammen. Geklöppelte Kunstwerke, eine Teilnehmerin bedient ein Spinnrad - und auch unkonventionelle Methoden gehören dazu. "Eine Teilnehmerin hat den Stoff mal gerissen, weil sie keine Schere finden konnte", erinnert sich Hölzel schmunzelnd, dabei habe eine der Tischnachbarinnen so etwas sicher anzubieten. Wie auch hier. "Hast du mir meine Schere geklaut?", will Hölzel von Burmester mit einem Augenzwinkern wissen - und bekommt sie wieder, man arbeitet hier schließlich Hand in Hand.

Tina Steimle