Neuburg
Viel Klang, viel Stimmung

Capella Nova bietet in der Studienkirche auch moderne Chormusik auf hohem Niveau

17.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr
Anspruchsvolle Chormusik ebenso anspruchsvoll interpretiert: die Formation Capella Nova in der Neuburger Studienkirche. −Foto: Heumann

Neuburg (lm) Um gleich mit der Enttäuschung zu beginnen: Das Konzert wird von der Stadt vollmundig im und als Rahmenprogramm zu der Ausstellung „Fürstenmacht und wahrer Glaube“ angekündigt. Oh fein, denkt man unwillkürlich: sakrale Chormusik im Spannungsfeld zweier heftigst konkurrierender Konfessionen.

Der fein austarierte und stets entdeckungsfreudige Capella-Nova-Chor aus Ingolstadt kann das. Und vermutlich hätte man solch ein Programm bei ihm auch „bestellen“ können.

Doch von all dem war nicht viel. Nur weil der reguläre Auftritt im Rahmen der seit Jahr und Tag bewährten wie beliebten Reihe der „Kleinen Konzerte“, von denen die Stadt nicht mal Veranstalter ist, in der Schlosskapelle, angestammtes Quartier dieser Reihe seit ebenfalls Jahr und Tag, hätte stattfinden sollen, was dann freilich auch nicht der Fall war, avancierte der Auftritt großzügig in einen Rahmen, in den er nie wollte und in den er auch bedingt nur passte. Denn zu 50 Prozent zeigte sich der Chor ausgerechnet diesmal von seiner anderen Seite. Und die gilt moderner Chormusik.

Ein höchst verdienstvolles Unterfangen, begegnet man dieser eher selten, bei Profichören gelegentlich oder ausgesprochenen Spezialensembles. Aber zu solchen darf sich die Capella Nova bei ihrem zwischenzeitlich erlangten Niveau durchaus rechnen. Polyfone Strukturen jetzt auch noch gepaart mit chromatischen Raffinessen, vertrackten Rhythmen und vielem mehr. Das hört sich oft so einfach an, bemüht wie das großartige „Nicht vom Brot allein lebt der Mensch“ des viel zu selten zu hörenden Bertold Hummel einen freilich kitschfreien volkstümlichen Ton und steigert sich zu inwendiger Expressivität in einer allem Geleiere so abgrundtief fremden „Litany“ des Engländers William Walton. Man ahnt es schon und eine launische Anmoderation sagt es wörtlich, was den Chor daran so reizt: Solche Stücke „piesacken“ einen gehörig.

Genau diese Herausforderung sucht, braucht ein Chor, der dieses Format erlangt. Wobei beim Wort „Chor“ dazu gesagt sein muss, dass es im Grunde ein Dreifach-Quartett ist, wobei beim Alt eine Position momentan unbesetzt ist. Damit sind aber auch die Grenzen erreicht, die Laienstimmen zu leisten vermögen, und Chorleiterin Sabine Moosheimer scheut auch nicht, an diese Grenzen gelegentlich ranzugehen. Wer in der Besetzung teils sechsstimmige Sätze singt, fordert rein arithmetisch schon solistische Qualitäten ein. Hier dann aber nicht zum großen Solo anzusetzen, stets und ganz in quasi dienender Funktion der chorischen Aufgabe verpflichtet zu bleiben, darin liegen die eigentlichen Qualitäten, Diktion und Präzision sind überdies prägnant.

Wie die Capella Nova etwa Heinrich Schütz interpretiert – womit kurzzeitig auch die Ankündigung doch noch zu ihrem Recht kam, mit der wie gesagt Chor wie Veranstalter nichts zu tun haben –, ist einfach delikat. Wie hellhörig hier mit polyfoner Lust experimentiert wird, Stimmen gegeneinander gesetzt werden, ist ob unbedingt original, so auf jeden Fall höchst originell und währt doch stets die höhere Einheit des Ganzen. Bleiben also mindestens zwei Wünsche für die Zukunft: mehr Schütz, mehr Hummel – und dann auch wirklich in der Schlosskapelle – wegen stimmmächtiger Parallelbelegung des Schlosshofes musste das Konzert in die Studienkirche auswandern – wo die vorzügliche Transparenz der Capella Nova erst vollends zum Tragen und Wirken kommt.