Hilpoltstein/Roth
Viel Frust über 2G und 2G-plus: Kunden und Kurse brechen weg

24.11.2021 | Stand 23.09.2023, 21:59 Uhr
Einige Friseurstühle bleiben frei: Auf bis zu 50 Prozent beziffert Cenk Yesil die Absagen wegen der Verschärfung auf 2G. −Foto: Münch

Hilpoltstein/Roth - Wie sich die verschärften Corona-Regeln, die seit diesem Mittwoch in ganz Bayern gelten, auf das zuletzt rasant gestiegene Infektionsgeschehen auswirken werden, lässt sich bekanntlich erst in einigen Wochen feststellen. Klar ist dagegen schon jetzt, dass die Ausweitung der 2G-Regel und die Einführung von 2G-plus in einigen Bereichen für neue Verwirrung, Verunsicherung und auch Verzweiflung sorgen, wie ein aktuelles Stimmungsbild in und um Hilpoltstein zeigt. So gibt es etwa Dienstleister, die fürchten, wegen ausbleibender Kunden demnächst Kurzarbeit anmelden zu müssen. Und es gibt Vereine, die sich wegen der neuen Regeln sogar selbst in den Lockdown schicken - oder vielleicht doch nicht.

TV Eckersmühlen schickt sich selbst in "Vereinslockdown"

So hatte der TV Eckersmühlen schon am Dienstagabend die weiße Fahne geschwenkt: Weil sich der Vorstand nicht in der Lage sieht, den Sport- und Spielbetrieb unter den neuen Voraussetzungen aufrecht zu erhalten, habe man beschlossen, bis zum Ende der Weihnachtsferien einen Vereinslockdown auszurufen, teilte der TV Eckersmühlen auf seiner Facebookseite mit. Sämtlicher Sportbetrieb auf dem Vereinsgelände oder in der Mehrzweckhalle des Vereins sei demnach untersagt. Einen Nacht später sah die Sache dann schon etwas anders aus. Den ausgerufenen Vereinslockdown werde man nochmals intern besprechen, sagt die TV-Vorsitzende Carmen Ulrich auf Nachfrage unserer Zeitung. Denn man wolle sich überlegen, ob es wenigstens im Kinderbereich noch Möglichkeiten gibt, den Sportbetrieb aufrechtzuerhalten.

In eine ähnliche Richtung denkt auch die Vorsitzende des TV Hilpoltstein, Elke Stöhr. "Die Kinder sollten schon noch Sport machen dürfen", sagt sie. Bis zum Mittwochmittag fehlten ihr allerdings jegliche konkrete Informationen vom Bayerischen Landessportverband (BLSV), wie denn jetzt mit der neuen Situation umzugehen sei. "Da hänge ich jetzt noch in der Luft. Ich gehe aber davon aus, dass der Vereinssport in der neuen Verordnung unter die Rubrik Freizeiteinrichtungen fällt", so Stöhr. Das wäre allerdings mit einer 2G-plus-Regelung verbunden. Die Angebote der Vereins könnten damit nur Geimpfte und Genesene mit aktuellem negativen Test nutzen. Das Interesse an den laufenden Angeboten des Vereins dürfte damit weiter schwinden, fürchtet Stöhr, die schon in den vergangenen Wochen angesichts der vierten Corona-Welle einen spürbaren Rückgang vor allem bei den Erwachsenen feststellte. "Wenn dann nur noch zwei oder drei Leute kommen, macht es auch keinen Sinn mehr, eine Halle dafür aufzusperren."

Kino hadert mit 2G-plus und enttäuschenden Filmen

So lange es geht, den Betrieb am Laufen zu halten, ist auch die Devise im Rother Bavaria-Kino. "Wir müssen aber erst einmal schauen, ob auch weiterhin Leute kommen", sagt Betreiber Bernhard Hempel, der seit diesem Mittwoch nur noch zu maximal 25 Prozent der Plätze in den beiden Kinosälen vergeben darf und sich von allen Gästen, die geimpft oder genesen sein müssen, auch noch einen aktuellen negativen Test zeigen lassen muss. Hinzu kommt, dass sich die aktuell laufenden Filme wie "Ghostbusters " nicht gerade als Kassenschlager herausgestellt haben, so dass sich Hempel auch einen Plan B zurechtlegt. "Sobald wir draufzahlen, machen wir erst einmal zu."

Bis zu 50 Prozent der Friseurtermine abgesagt

Dankbar darüber, bislang noch in keiner Phase der Pandemie das Geschäft schließen zu müssen, zeigt sich derweil der Hilpoltsteiner Friseur Cenk Yesil. Er betreibt mit seiner Mutter zwei Geschäfte in der Innenstadt, blickt seit dieser Woche aber durchaus sorgenvoll in die Zukunft. Schon die Einführung der 3G-plus-Regel vor wenigen Wochen habe eine Reihe von Absagen zur Folge gehabt, berichtet er. Die Verschärfung für Friseurgeschäfte auf 2G schlage jetzt aber richtig durch. Auf 20 bis 30 Prozent im Damen-Salon und sogar auf bis zu 50 Prozent im Männer-Salon beziffert er die weggebrochenen Kundentermine. "Und ich fürchte, dass das bis zum Frühling auch so bleiben wird, weil in der jetzigen Lage bestimmt nicht gleich wieder gelockert wird", sagt er.

Da es aber wohl niemanden gibt, der sich bis zum Frühjahr nicht mehr die Haare schneiden lässt, fürchtet Yesil, dass in den nächsten Monaten die Schwarzarbeit stark steigen wird. "Die Leute lassen sich dann einfach die Haare daheim machen. Und da wird dann auch kaum jemand auf die Regeln achten", sagt Yesil, der eine solche Entwicklung als völlig kontraproduktiv für das Infektionsgeschehen ansieht. "Bei uns im Laden droht es dann aber so zu werden, dass die Leerläufe so groß sind, dass wir tatsächlich zum ersten Mal über die Einführung von Kurzarbeit nachdenken müssen."

VHS-Sportkurse: Abbruch oder Umstellung auf online

Von einer ähnlich ambivalenten Stimmungslage berichtet am Mittwochnachmittag schließlich auch Petra Winterstein, die Leiterin der Volkshochschule im Landkreis Roth. "Einerseits freuen wir uns, dass VHS-Kurse in diesem Herbst so lange stabil gelaufen sind. Andererseits beobachtet man die Lage auch mit Sorge." Ziemlich überrascht worden sei man jedoch von der aktuellen Neuerung, dass für Sport- und Bewegungskurse tatsächlich nicht nur 2G, sondern 2G-plus gilt, "was auch die FFP2-Maskenpflicht am Platz während der Sportausübung nach sich zieht", so Winterstein. Verständlicherweise hätten unter den neuen Voraussetzungen viele Teilnehmer keine Lust mehr. Deshalb habe man in Abstimmung mit den VHS-Außenstellen im Landkreis entschieden, die Sport- und Bewegungskurse abzubrechen oder in Online-Kurse umzuwandeln. Fernab der sportlichen Angebote finden laut Winterstein aber viele VHS- Kurse unter der neuen 2G-Regel in Präsenz statt.

HK

Jochen Münch