Neuburg - Einen Tag vor Heiligabend können sich wohl die wenigsten Schüler noch richtig konzentrieren. Die Vorfreude auf die Schulferien ist groß. Doch Sonja Kalisch, Schulleiterin der Neuburger Paul-Winter-Realschule, ist wichtig, dass die Schulzeit sinnvoll und ruhig ausklingt - und nicht einfach mit Filmen in jeder Stunde beendet wird.
Daher gibt es den Projekttag zu Weihnachten. Normalerweise kommen Politiker, Schauspieler, Autoren, die den Schülern etwas vorlesen. Doch Corona verhinderte nicht nur das, sondern auch den Schulgottesdienst. Kalisch und ihre Kollegen haben eine Alternative gefunden. Der Projekttag ist so aufgeteilt, dass die Klassen in Gruppen einzelne Aktivitäten und Stationen durchlaufen.
Fürsorge und Nächstenliebe für die ganz Kleinen
Los geht es in den neunten und zehnten Klassen mit einer Vorstellung des Neuburger Familiennachsorge-Vereins Elisa. Sozialpädagogin Simone Haftel erklärt den Schülern, welche Arbeit die Helfer leisten. "Sie kümmern sich um Familien, die schwerkranke Kinder pflegen." Auch Frühchen spielen eine Rolle in der Arbeit des Vereins. "Da gibt es Kinder, die mit 500 Gramm zur Welt kommen. Das ist wie zwei Packerl Butter." Mit dem Vergleich wird den Schülern auf einmal klar, wie klein diese Frühchen sind. Viele Leistungen würden natürlich auch die Krankenkassen übernehmen. "Aber die Begleitung der Eltern oder die Fürsorge, wenn ein Kind stirbt, wird aus Spenden finanziert", erklärt Haftel. "Da helft ihr jetzt wirklich, dass wir die Familien betreuen können." Denn die Klassen basteln Figuren aus Papierdraht, die am Nachmittag des offenen Schulhauses im März gegen Spenden erworben werden können. "Diese gehen zu 100 Prozent an Elisa", sagt Christine Riemhofer, die die Kooperation mit dem Verein organisiert hat.
Beim Basteln können sich die Schüler kreativ austoben. Der Papierdraht lässt sich formen und anschließend in ein Stück Kork stecken, das als Fuß für die Figur fungiert. Angelina ist begeistert. "Ich finde, das ist eine schöne Aktion, um den Kindern zu helfen." Ihre Klassenkameradin Lily stimmt ihr zu. "Ich fand den Vortrag sehr informativ und ich find' es toll, dass man mit so einfachen Sachen helfen kann."
Reinhard Brandl über blaue Zahnpasta und Geschwister
In den siebten und achten Klassen ist derweil ein bekanntes Gesicht zu sehen. Der Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU) wollte das Vorlesen aber nicht ausfallen lassen und hat der Schule angeboten, per Video vorzulesen. Emotional erzählt er eine Geschichte aus Hans-Peter Schneiders "Seppis Tagebuch", eigentlich über Geschwisterliebe. Die Schwester des Protagonisten hat durch reinen Zufall blaue Zähne von der Zahnpasta bekommen und an ihren Fingern klebt eine Christbaumkugel. Zufälle, die sich Seppi natürlich nicht erklären kann. Doch am Ende ist alles gut. "Ich bin über meinen Schatten gesprungen, hab' meine etwas zerzauste Schwester in den Arm genommen und gedrückt", liest Brandl vor. ",Du Blödmann', flüstert sie mir ins Ohr." Die Schüler hören aufmerksam zu und sind von Brandls Geschichte sichtlich amüsiert.
Escape Room und Besinnungsstationen
Später am Tag steht für die siebte und achte Jahrgangsstufe ein Escape-Room-Spiel an. "Die Schüler müssen der Reihe nach Rätsel lösen, eingebunden in eine Geschichte mit dem Grinch", erklärt Marina Kiesel, die Jahrgangsstufenkoordinatorin. Die Lehrer konnten sich Geschenke überlegen, die die Schüler am Ende bekommen, zum Beispiel Hausaufgabengutscheine oder Süßigkeiten.
Außerdem sind rund um das Schulgebäude Besinnungsstationen aufgebaut. Diese sollen den ausgefallenen Gottesdienst ersetzen. Die Fachschaften Religion und Ethik leiten jeweils kurze Meditationen. Sichtlich lassen sich einige Schüler wirklich darauf ein und lauschen den Worten ihrer Lehrer. Vor dem Haupteingang erzählt die zweite Konrektorin Ruth Wallner eine Geschichte darüber, welche Bräuche und Gegenstände, die typisch für Weihnachten sind, gar nicht aus Deutschland kommen und macht so auf das Thema Rassismus aufmerksam. Und im Eingangsbereich spielen Schüler auf Blasinstrumenten verschiedene Weihnachtslieder. "Ein Text verbindet die Lieder thematisch", erklärt Musiklehrerin Ingrid Harrer-Hoffmann.
So erleben die Schüler der Paul-Winter-Realschule einen abwechslungsreichen und gleichzeitig oft auf unterhaltsame Art lehrreichen letzten Schultag, bevor sie sich in die verdienten Weihnachtsferien verabschieden.
DK
Karen Hanne
