Vertrauensbruch

29.03.2021 | Stand 05.05.2021, 3:34 Uhr

Zum Bericht "Geänderte Sanierungsreihenfolge" (Ausgabe vom 25. Februar):

Das Ergebnis der kommunalen Baulückenerfassung von Gewerbegrundstücken zur Aktivierung von Baulandreserven im Markt Reichertshofen vom Januar 2021 wirkt wie eine Watschn für die Gemeindeverantwortlichen. 13 Eigentümer von seit Jahren unbebauten Gewerbeflächen waren von der Gemeinde angeschrieben und zu den künftigen Plänen mit ihren Grundstücken befragt worden. Von acht Eigentümern ging keine Rückmeldung ein, zwei machten keine Bau- oder Verkaufsabsicht geltend und drei Anfragen kamen mit unverbindlichen Absichtserklärungen zurück.

Es besteht zwar keine gesetzliche Auskunftspflicht der Grundstückseigentümer über die künftigen Pläne mit ihren unbebauten Gewerbeflächen. Jedoch haben die Angeschriebenen das Bestreben der Gemeinde zur Aktivierung von Baulandreserven weitestgehend ignoriert. Für mich ist dies ein nicht tolerierbarer Vertrauensbruch. Eine derartige Abfuhr muss unmittelbare kommunalpolitische Konsequenzen nach sich ziehen.
Der Umgang mit natürlichen Ressourcen unterliegt derzeit einer deutlichen Veränderung. Die Themen Klimawandel, Flächenfraß und Bodenversiegelung sind in aller Munde. Deshalb sollten Brachflächen in Wohn- und Gewerbegebieten möglichst der Vergangenheit angehören. Womöglich hätte die Größe der derzeit ungenutzten Flächen sogar ausgereicht, den Bedarf des örtlichen Gewerbes abzudecken.

So aber wurde ein neues Gewerbegebiet bei Winden am Aign ausgewiesen. Zweifellos wurde hier der zweite vor dem ersten Schritt getan und der einfachere Weg gewählt. Widerstände aus der Bevölkerung gegen das neu ausgewiesene Gewerbegebiet wurden durch einen eingesetzten Investor professionell als schlichtweg unbegründet deklariert. Die nachgeschobene Baulückenerfassung wirkt in diesem Kontext wie eine Alibimaßnahme der Gemeinde. Und die Eigentümer der seit Jahren brachliegenden Gewerbeflächen können in aller Ruhe abwarten.
Unbequeme kommunalpolitische Konsequenzen wie eine vertraglich mögliche Baupflicht dürfen kein Hinderungsgrund für die aktuelle und zukünftige Gewerbeflächenausweisung sein.

Daher ist es dringend notwendig, alle baurechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um jeden verschwenderischen Umgang mit ausgewiesenen Bauflächen zu verhindern. Hierzu genügt ein Blick über den kommunalen Tellerrand auf umliegende Gemeinden, die mit der gleichen Problematik konfrontiert sind und auf diesen Regulator zurückgreifen wollen. Eine vertragliche Bauverpflichtung von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes würde dem Trend entgegenwirken, die Grundstücke zum Beispiel als Spekulationsanlage zu nutzen.
Wenn die Gemeinde weiterhin bedingungslos Bauland ausweist, wird sie auch in Zukunft brachliegende Äcker produzieren. Daher hoffe ich, dass das Instrument der Baupflicht in Reichertshofen auch bei dem in Planung befindlichen Gewerbegebiet bei Winden eingesetzt wird. Die Eigentümer und der Investor des neuen Gewerbegebietes sollten im Hinblick auf Grundstücksverkäufe vertraglich in die Pflicht genommen werden. Die Zeiten des tatenlosen Zusehens der Gemeindeverantwortlichen müssen vorbei sein. Das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig. Solange der Bebauungsplan für das Gewerbegebiet Winden noch nicht in Kraft getreten ist, ist das auch noch möglich.
Josef Sterr

Agelsberg