Berlin
Verteidigungsausschuss plant Sondersitzung

Skandal um Exzesse in einer Bundeswehr-Kaserne löst Empörung aus Wehrbeauftragter Bartels bestätigt erste Versetzungen

29.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:44 Uhr

Berlin (DK) Im Skandal um Gewaltexzesse an einem Standort der Bundeswehr geraten auch das Verteidigungsministerium und die militärische Führung in die Kritik. Bundestagsabgeordnete von SPD und Grünen prangerten eine schleppende Informationspolitik an und wollen die Vorfälle in der Staufer-Kaserne im baden-württembergischen Pfullendorf im Verteidigungsausschuss prüfen lassen.

Die Informationen zu sexueller Nötigung, Mobbing und Demütigungen in dem Ausbildungszentrum für Spezialkräfte lösten Rufe nach massiven Konsequenzen aus. "Mit militärischer Ausbildung hat es rein gar nichts zu tun, wenn Soldatinnen und Soldaten entwürdigt werden", sagte der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion.

Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte die Vorfälle an dem Bundeswehrstandort am Freitagabend als "abstoßend und widerwärtig" bezeichnet. Sie würden "mit aller Härte aufgeklärt". Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Rainer Arnold, kritisierte die Kommunikationsstrategie der Ministerin. "Wieder einmal wurde das Parlament nicht rechtzeitig informiert, obwohl die Fakten schon seit einiger Zeit bekannt waren", sagte er. Der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" gegenüber meinte Arnold, er habe im vergangenen Sommer die betreffende Kaserne in Pfullendorf besucht und das Gefühl gehabt, dass dort "nicht gut und verantwortungsvoll geführt wird".

Der Ruf nach sofortigen Sanktionen wurde über das Wochenende lauter. Verantwortliche Vorgesetzte sollen dem Vernehmen nach bereits versetzt worden sein. Für den Wehrbeauftragten Bartels, der dies bestätigt, ein erster Schritt: "Es gibt Versetzungen und Disziplinarverfahren. Einige Soldaten sollen entlassen werden. Die Staatsanwaltschaft ist eingeschaltet. Das sind harte Konsequenzen, aber ich glaube, anders geht es nicht." Eine "klare Grenzziehung" dürfte auch im Interesse all der Ausbilder und Vorgesetzten sein, die an der Schule in Pfullendorf selbst für gute militärische Ausbildung stünden, so Bartels weiter.

Seinem Parteifreund Arnold und den anderen Obleuten des Verteidigungsausschusses im Bundestag wird dies jedoch kaum reichen. Sie wurden laut eigenen Angaben am Freitagnachmittag erst kurz nach Veröffentlichung des Berichts von "Spiegel Online" durch den Generalinspekteur Volker Wieker schriftlich informiert. Der SPD-Experte sprach sich für eine Sondersitzung des Ausschusses aus. "Da sollte sich die Koalition nicht von der Opposition jagen lassen." Die Verteidigungsministerin müsse "sauber aufklären, strafrechtlich Relevantes weiterhin zur Anzeige bringen und in dem Laden aufräumen", so Arnold vehement.

Die Abgeordnete Agnieszka Brugger (Grüne) kommentierte: "Wir werden im Verteidigungsausschuss die lückenlose Klärung der vielen offenen Fragen einfordern. Wieder einmal ist das Parlament viel zu spät und unzureichend informiert worden." Der "Schwäbischen Zeitung" sagte Brugger, das Ministerium habe schon Monate davon gewusst. Man werde daher eine Reihe von Fragen an das Ministerium von Ursula von der Leyen stellen, statt "uns allein auf die dünnen Informationen zu verlassen".