Ingolstadt
Versuchte Kindesentführung: Freiheitsstrafe zur Abschreckung

25-Jähriger zu einem Jahr Haft verurteilt - Berufung bereits eingelegt

18.01.2022 | Stand 22.09.2023, 23:19 Uhr
Für den Versuch, ein Kind zu entführen, wurde ein 25-jähriger Ingolstädter zu einem Jahr Haft verurteilt. −Foto: Eberl (Archiv)

Ingolstadt - Für den Versuch ein Kind zu entführen, hat ein 25-jähriger Mann eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bekommen - ohne Bewährung.

Der Richter am Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass der Verurteilte am 27. Juni 2021 an einem Spielplatz im Piusviertel ein Kind zu seinem Auto gelockt hatte, um es mitzunehmen. Die Mutter schritt damals rechtzeitig ein, um das zu verhindern. Der Ingolstädter wurde wegen Entziehung Minderjähriger angeklagt.

Das Urteil stützt Richter Michael Fein auf mehrere Aspekte. Zunächst hatte die Anwältin des 25-Jährigen angezweifelt, dass ihr Mandant ordnungsgemäß belehrt wurde. Der Polizeibeamte, der den Angeklagten belehrt hatte, konnte die Zweifel im Zeugenstand ausräumen: "Das hat wiederum zur Folge, dass das, was der Angeklagte danach gesagt hat, auch verwertbar ist", so Fein. Er habe ja laut dem Polizisten, der zusammen mit dem Arzt bei der Haftfähigkeitsuntersuchung mit in der Zelle war, gesagt: "Ich mitnehmen Kind, spielen mit meinem Kind. " Da habe die Verteidigerin ja ins Feld geführt, dass das auch Vergangenheitsform hätte sein können. "Das ist meiner Meinung nach völlig sinnfrei", so der Richter. "Wenn der Angeklagte das Kind schon einmal mitgenommen haben sollte, hätte uns die Mutter das erzählt. Das ist also auszuschließen. " Was Fein ebenfalls ausschließt, ist der Fall, dass der 25-Jährige das Kind schon einmal mitgenommen hat, ohne die Mutter zu fragen. "Das wäre noch sinnfreier - das wäre ja auch Kindesentführung. Dann hätte, glaube ich, das Kind erzählt, dass es schon mal mit dessen Kindern gespielt hat. "

Der zweite Aspekt sei die Aussage des Arztes gewesen, der die erste Untersuchung gemacht hatte. Nach dieser Zeugenaussage gehe er davon aus, dass der Angeklagte schon ein bisschen besser deutsch spricht als vorgegeben. "Der Angeklagte konnte bei der Untersuchung sagen, wo es ihm weh tut und welche Verletzungen schon länger da sind", sagt Fein. Außerdem habe er gegenüber dem Arzt auch argumentiert: "Ich habe das Kind zwar mitgenommen, aber ich hab es mitgenommen, weil es mit meinen Kindern spielen wollte", so der Richter. Diese Erklärung beinhalte ja mehr. "Das eine ist, dass er sich als Täter praktisch darstellt: Ich bin der, der das Kind mitgenommen hat. Und er ist auch orientiert: Er weiß, worum es geht, da er ein Argument nachschiebt. " Deshalb sei er von der Täterschaft überzeugt.

Der dritte Aspekt betrifft die abschreckende Wirkung. "Unabhängig davon, was der Angeklagte mit dem Kind vorhatte - das Mitnehmen ist ja an sich schon strafbar, auch wenn man das Kind nicht sexuell missbrauchen will", so der Richter. Das sei ja die Horrorvorstellung für Eltern, dass ein Kind, auf das sie aufpassen, praktisch unter den eigenen Augen entführt wird. "Das ist das, was man verhindern möchte. Und das Urteil ist sozusagen das Zeichen nach außen, damit es deutlich wird", erklärt Fein. Und bei dem Angeklagten habe er nicht den Eindruck gehabt, dass dieser die Dimension der Tat begreift oder sich davon abschrecken lässt. "Deshalb habe ich ihm ein Jahr Freiheitsstrafe gegeben", schließt Richter Michael Fein seine Begründung ab.

Dieses eine Jahr ist der Staatsanwaltschaft Ingolstadt zu wenig. Sie hat beantragt, den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ohne Bewährung zu verurteilen, "da diese Strafe aus Sicht der Staatsanwaltschaft Tat und Schuld angemessen war", so Oberstaatsanwältin Andrea Grape. Deshalb hat die Strafverfolgungsbehörde gegen das Urteil des Amtsgerichts Ingolstadt Berufung eingelegt. Es ist also noch nicht rechtskräftig.

DK

Doris Mayr