Ingolstadt
Verstärkung aus Sachsen

Steffi Kempe führt die Verdi-Geschäfte heute wird sie 60 Jahre alt

22.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:16 Uhr

Sie managt die zweitgrößte Einzelgewerkschaft: Steffi Kempe ist seit neun Jahren Verdi-Geschäftsführerin. - Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Ihre alte Heimatstadt heißt heute nicht mehr Karl-Marx-Stadt, sondern wieder Chemnitz, und auch sonst gaben die politischen Umwälzungen des Jahres 1989 dem Leben Steffi Kempes eine ganz neue Richtung.

Seit fast neun Jahren führt die Gewerkschafterin, die heute ihren 60. Geburtstag feiert, die Geschäfte des Verdi-Bezirks Ingolstadt. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft vertritt in der Region etwa 7400 Mitglieder.

Die bayerische Mundart hat bei Steffi Kempe noch keine Spuren hinterlassen, obwohl sie nun schon seit 21 Jahren am Ingolstädter Paradeplatz ihr Büro hat. Das gepflegte Sächsisch ist und bleibt ihr Markenzeichen. Die Tochter einer Arbeiterfamilie wollte eigentlich Tierärztin werden, machte nach der Oberschule zunächst eine Ausbildung in der Landwirtschaft. Doch für das anschließend geplante Studium hätte sie nach Dresden ziehen müssen. Wäre sie zu dieser Zeit nicht schwer verliebt in ihren späteren Mann Jürgen gewesen, hätte sie es wohl getan. Schon in der Schule habe der sie "samstags nach Unterrichtsende mit dem Moped, Modell Schwalbe, abgeholt", erinnert sie sich. "Die junge Liebe veränderte meine berufliche Laufbahn."

Kurz nach der Heirat und der Geburt ihres Sohnes kehrte Kempe ins Berufsleben zurück, absolvierte noch zu DDR-Zeiten ein Fernstudium an der Fachschule für Rechtswissenschaften in Weimar und wurde als Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst für die Gewerkschaft aktiv. Die hieß damals noch ÖTV (Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr). "Der Mitgliederzuwachs war unmittelbar nach der Wende enorm groß." Die Sekretäre hätten "die Aufnahmescheine in großen Säcken in die ÖTV-Kreisverwaltung gebracht", beschreibt sie die Aufbruchstimmung.

Weil bei der Kreisverwaltung Ingolstadt 1995 eine hauptamtliche Stelle winkte, beschloss der Familienrat, dass Steffi Kempe künftig in Bayern arbeiten sollte. Das brachte für zwei Jahre eine stressige Pendlerexistenz mit sich. "Montag um 5 Uhr in Chemnitz in den Zug, Ankunft in Ingolstadt um 10.30 Uhr, Freitag um 13 Uhr zurück, Ankunft in Chemnitz um 17.30 Uhr." Die Pendelei endete erst, als auch Ehemann und Sohn übersiedelten und die Familie in ein Doppelhaus in Reichertshofen zog.

Inzwischen ist die Verdi-Geschäftsführerin längst eine feste Größe unter den führenden Gewerkschaftern der Region. "Wenn man anderen Menschen in schwierigen Situationen helfen kann, macht das viel Freude", sagt die Jubilarin. "Einmal Gewerkschaft - immer Gewerkschaft." Die Mitglieder von Verdi kommen zum Beispiel aus den großen Krankenhäusern der Region, aus der Stadtverwaltung, den Stadtwerken, den Kindergärten. Aber viele Verkäuferinnen aus dem Einzelhandel werden ebenfalls durch die Dienstleistungsgewerkschaft vertreten. Das Problem: "Junge Menschen für die Gewerkschaftsarbeit zu gewinnen, ist heute schwieriger als vor 20 Jahren. Die haben heute andere Interessen."