München
Verstärkter Kampf gegen Sexualdelikte

Innenminister Herrmann und Justizminister Bausback legen Maßnahmenpaket vor

20.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

München (DK) Gut eine Woche nach der Vorlage gestiegener Zahlen zu Sexualdelikten in Bayern hat die Staatsregierung eine erste Analyse nachgeliefert. Zudem wurde gestern eine intensivere Bekämpfung der Taten angekündigt.

Vergangene Woche hat Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) alarmierende Zahlen vorgelegt: So sei in Bayern im ersten Halbjahr 2017 gegenüber dem ersten Halbjahr 2016 die Zahl der Vergewaltigungen um 222 auf 685 Fälle angestiegen. Insbesondere die Zahl der Vergewaltigungen durch Zuwanderer habe sich um 60 Fälle auf 126 Fälle extrem stark - um rund 90 Prozent - erhöht, hatte Herrmann gesagt und schärfere Maßnahmen gegen Zuwanderer gefordert. Für die AfD war das eine Vorlage, die sie im Wahlkampf sofort nutzte: Frauen trauten sich nicht mehr, alleine Joggen zu gehen, auf dem Münchner Oktoberfest herrsche aus Angst gähnende Leere, verbreitete die Partei.

Gestern präzisierte Herrmann, zusammen mit Justizminister Winfried Bausback (CSU) die Zahlen und legte ein Sieben-Punkte-Programm vor. So beziehe sich die Zahl von 685 Fällen nicht ausschließlich auf Vergewaltigungen, sondern auch auf sexuelle Nötigung. Und: Zum 10. November 2016 sei das neue Strafrecht zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung in Kraft getreten, erklärte Herrmann. "Jetzt reicht ein Nein des Opfers für die Strafbarkeit des reformierten Vergewaltigungsparagrafen 177 Strafgesetzbuch aus - der neue Straftatbestand umfasst jetzt den sexuellen Übergriff, die sexuelle Nötigung und die Vergewaltigung", sagte Herrmann. Außerdem habe man, als Reaktion auf die Ereignisse der Kölner Silvesternacht 2015, den Paragrafen 284 Strafgesetzbuch erweitert, der nun beispielsweise auch das sogenannte "Antanzen" sowie das bisher lediglich als Beleidigung eingestufte Grapschen unter Strafe stellt.

Durch diese Verschärfung des Sexualstrafrechts "ergeben sich zwangsläufig Steigerungen bei den erfassten Sexualstraftaten", sagte Herrmann gestern. Es gebe eine "gestiegene Sensibilität in der Öffentlichkeit, die eine erhöhte Anzeigebereitschaft mit sich bringt".

Obwohl von dem Anstieg der Fälle von Vergewaltigungen und sexueller Nötigung - ein Plus von 222 Fällen im ersten Halbjahr 2017 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2016 - lediglich 60 auf Zuwanderer zurückgingen, stellte Herrmann erneut auf die besondere Gefahr ab, die von Zuwanderern ausgehe, und nannte die "überfallartigen Vergewaltigungen". Diese seien im Vergleichszeitraum von 68 auf 71 angestiegen - und zwar ausschließlich aufgrund eines Anstiegs tatverdächtiger Zuwanderer (von 9 auf 17 Fälle).

Eine Zahl, nach der Herrmann bereits in der Vorwoche gefragt worden war, nämlich, in wie vielen Fällen sich die sexuellen Übergriffe von Zuwanderern in Flüchtlingsunterkünften oder gegen andere Zuwanderer gerichtet hatten, konnte er gestern erneut nicht vorlegen - nur eine Schätzung: 40 Prozent.

Ein Sieben-Punkte-Programm, das Herrmann zusammen mit Bausback vorstellte, sieht eine verstärkte Polizeipräsenz an Brennpunkten und bei öffentlichen Veranstaltungen vor. Außerdem werde es "konsequente Kontrollen in und im Umfeld von Asylbewerberunterkünften geben". Verstärkt werden soll zudem die Videoüberwachung. Präventiv wirken soll, dass die Polizei beispielsweise den Kontakt zu den Unterkunftsverwaltungen, Helferkreisen und den Sicherheitsdiensten von Asylunterkünften noch enger knüpfen will - übermäßiger Alkoholkonsum oder sich anbahnende Straftaten sollen so zu schnelleren Reaktionen der Polizei führen. Konsequente Abschiebungen sollen abschreckend wirken und als Maßnahme verschärft werden: In der kommenden Legislaturperiode wolle man sich für eine weitere Verschärfung des Ausweisungsrechts einsetzen, bei Verurteilungen ab drei Jahren solle eine Abschiebung zwingend sein.

Als "dringend notwendig" erachten Justiz- und Innenminister, dass künftig bei jeder erkennungsdienstlichen Behandlung von Straftätern auch eine DNA-Entnahme und -Analyse stattfindet. "Das hilft den Ermittlern, beispielsweise spätere Sexualdelikte schneller aufzuklären und Täter dingfest zu machen", erklärten sie. Gleichzeitig müssten die DNA-Analysemöglichkeiten von Tatortspuren auf Augen-, Haar- und Hautfarbe, biologisches Alter sowie biogeografische Herkunft ausgeweitet werden.

Herrmann zufolge denke man zudem über eine rechtliche Änderung auf EU-Ebene nach, wonach Zuwanderern nicht nur wie bisher ein Fingerabdruck, sondern auch eine DNA-Probe abgenommen werden soll.