Ingolstadt
Verständliches Nein

Von Carsten Rost

18.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr

Die in Deutschland höchst umstrittenen Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) können vorerst weiterlaufen.

Mit der Ablehnung mehrerer Eilanträge gegen das Kaufprogramm hat das Bundesverfassungsgericht Notenbankpräsident Mario Draghi vorerst den Rücken gestärkt. Die Betonung liegt auf "vorerst", denn in der Hauptsache ist noch längst nichts entschieden. Darin geht es um die Frage, ob die Zentralbank mit dem Erwerb von Staatsanleihen ihre währungspolitischen Kompetenzen überschreitet und unzulässige Staatsfinanzierung betreibt.

Die Karlsruher Richter hatten zwar im Sommer erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Anleihekaufprogramms angemeldet, die Frage dann aber doch dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vorgelegt. Erst wenn das höchste europäische Gericht in Luxemburg zu einem Spruch gekommen ist, wird das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht fortgesetzt.

Folgerichtig konnten die Verfassungsrichter gar nicht anders, als die von mehreren Euro-Kritikern eingebrachten Eilanträge zum umgehenden Verbot weiterer Staatsanleihekäufe durch die ausführende Bundesbank abzuweisen. Sie hätten ansonsten - also im Vorgriff auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes und eines eigenen abschließenden Urteils - sich selbst schon festgelegt und die Luxemburger Juristen vor den Kopf gestoßen.

Zudem wäre dann möglicherweise das mit den Anleihekäufen verbundene Ziel, die Inflation im Euro-Raum knapp unter zwei Prozent zu hieven und die Konjunktur anzukurbeln, verfehlt worden. Immerhin ist die Deutsche Bundesbank zu etwa einem Viertel an dem Kaufprogramm beteiligt. Und neue Turbulenzen an den Finanzmärkten wären auch nicht auszuschließen gewesen. Dafür mochten die Verfassungsrichter verständlicherweise dann doch nicht verantwortlich gemacht werden.