Ingolstadt
Versager in der Vorstandsetage

Claus von Wagner macht sich in seinem Programm "Theorie der feinen Menschen" über die Finanzkrise lustig

27.04.2012 | Stand 03.12.2020, 1:33 Uhr

Ingolstadt (DK) Da hat er sich ja eine Menge Arbeit gemacht, dieser Claus von Wagner, hat Bankenreklame, die „Financal Times“ und besonders eifrig Adam Smith, den Moralphilosophen und Begründer der klassischen Nationalökonomie, gelesen, daraufhin Soll- und Iststand, also idealisierte Fabelwelt und traurige Realität gegeneinandergestellt und ein Satirestück über Finanzmärkte und Wirtschaftsethik geschrieben, in dem Ratingagenturen, Banken und Politikermarionetten gar nicht gut wegkommen. Äußerst schlecht sogar.

Nun ja, im Grunde haut er sie allesamt komplett in die Tonne, in dem er genau das offenlegt, was sie verschleiern. Den von ihm Geprügelten in den Vorstandsetagen ist das selbstverständlich herzlich egal, dem Publikum in der ausverkauften Neuen Welt, das schon immer wusste, dass etwas grundsätzlich schief läuft zwischen Deutscher Bank und Standard & Poors, ist es das nicht.

Weil man etwas lernen kann bei Claus von Wagner und seinem mehr als zweistündigen Programm mit dem Titel „Theorie der feinen Menschen“. Und weil man sich nicht wie üblich mit Grausen abwendet, wenn Namen wie „Börse“ oder „Hedge Fond“ fallen, sondern herzhaft lachen kann. Von Wagners Stück hat mehrere Ebenen, eine Spielhandlung mit diversen Rückgriffen und Querverweisen, einen mit Fakten gespickten Handlungsstrang, in dem die Kernaussagen stecken und eine dritte mit absolut zielsicher ins Schwarze treffenden Beispielen, Bonmots, Sticheleien und bisweilen durchaus scharfen Attacken.

Es bleiben also keine Wünsche offen für all diejenigen, die eine komplexe Materie, die sich kaum jemandem vollständig erschließt – Bankern, Vermögensberatern und Wirtschaftsprüfern anscheinend am allerwenigsten – auf entspannte Weise zu Gemüte führen wollen.

Nachdem es ja im Interesse der Finanztäter liegt, dass die Masse der Bankkunden und Kleinanleger möglichst in Unwissenheit verharrt, ist so ein Programm dringend nötig, ja, vermutlich war es in dieser Komprimiertheit überfällig. Wobei von Wagner freilich auch so frei ist, nicht nur die Gier der Magnaten und Vorstandsetagen anzuprangern, sondern auch die so manches Kleinkunden am Schalter. Und so stellt er der ganzen Branche ein ums andere Mal ein geradezu vernichtendes Urteil aus, belegt schlüssig, wie der Markt ganzen Kontinenten den Krieg erklärt, demaskiert Finanzderivate als Pferdewetten und deren Befürworter als Finanzalchimisten, weist nach, dass die Bankenaufsicht von den Banken selbst bezahlt wird.

„Der Untergang einer Hochkultur erfolgt immer dann, wenn sich deren Eliten nicht mehr um die Folgen ihrer Taten scheren“ sagt er am Ende dieses erstklassigen Programms. Wenn dem so ist, sieht die Zukunft nicht allzu rosig aus. Und keiner kann nach diesem Abend mehr sagen, er hätte von nichts gewusst.