Eichstätt
Verpöntes Liedgut

Workshop "Sexy Volkslieder" holte beiseite geschobene Stücke hervor

17.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr

Eichstätt (EK) Volkslieder - das ist nicht nur das brave Liedgut biederer Schichten. Ganz im Gegenteil: Sie können auch ganz schön zweideutig sein. Früher als schmutzig verpönt, sind sie es durchaus wert, hervorgeholt und der Öffentlichkeit vorgestellt zu werden.

Einen Beweis dafür traten Christoph Lambertz, Leiter der Volksmusikberatungsstelle Schwaben, und BR-Moderator David Saam, beide überzeugte Volksmusiker im Duo "Antistadl" sowie in der Fränkischen Kapelle "Rohrfrei", am Freitagabend in der Katholischen Hochschulgemeinde an. Zusammen mit elf sangesfreudigen Besuchern boten sie beim Workshop "Sexy Volkslieder singen" eine wunderbare Auftaktveranstaltung zum Volksmusikwochenende.

"Warum sollen wir denn Volkslieder verstecken, die Liebe, Erotik und Sexualität als ganz normale Lebenslage thematisieren", eröffnete Lambertz die kleine, aber feine öffentliche Volksmusik-Singstunde. Die beiden Vollblut-Volksmusiker aus Franken und der Oberpfalz, die nach eigener Aussage gerne Leute zum Singen bringen, selbst mit großer Begeisterung singen und zudem noch diverse Musikinstrumente wie Akkordeon und Kontrabass spielen, führten 13 freche und frivole, witzige und teilweise derbe, aber musikalisch stets überzeugende Volkslieder in ihrem Repertoire. In ihren Texten schauen sie dem Volk aufs Maul und boten ganz nebenbei auch ein Stück Kulturgeschichte. Wer weiß denn heute noch, dass die exponierte Lage einer Mühle außerhalb der Dorfgemeinschaft und deren sozialer Kontrolle dem Müller seit jeher einen sexuellen Freibrief ausstellte? Auch Berufsgruppen wie die Kesselflicker und Schornsteinfeger zogen, folgt man den Liedern, "quietschvergnügt von Haus zu Haus", wo sie tagsüber vor allem die Frauen antrafen.

Zur Beruhigung der anwesenden Damen hatten Lambertz und Saam aber auch Volkslieder mitgebracht, die durchaus auch Frauen zu Wort kommen ließen - etwa in "Es war einmal eine Müllerin", die ihrem Mann offenbart: "Ich hab' heut' Nacht gemahlen mit lauter jungen Knaben, will selber Müller sein, will selber Müller sein."