Roth
Verkehrspoller mit Zipfelmütze

Rot-weiße Bedeckungen sorgen in der Kreisstadt für mehr Kontrast für Sehbehinderte

11.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:08 Uhr
Sie alle werben für mehr Kontraste im öffentlichen Raum: Christina Reutner vom Inklusionsnetzwerk, Doris Barschtipan (Blickpunkt Auge-Beratungsstelle des BBSB), Frank Nohr und seine Stellvertreterin Gabi Grau von der mittelfränkischen BBSB-Bezirksgruppe, Paul Rösch, Brigitte Reinard, die Seniorenbeauftragte der Stadt Roth und Bürgermeister Ralph Edelhäußer (von links). −Foto: Tschapka

Roth - In der Kreisstadt Roth tragen rund um das Rathaus einige Verkehrs-Poller neuerdings auffällige und schon von weitem gut sichtbare rot-weiße Strickmützen.

Mit der Aktion "Mützen auf die Poller" richtet sich der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) anlässlich des Sehbehindertentags - er ist bundesweit am 6. Juni begangen worden - an die breite Öffentlichkeit. Nicht nur: Auch Stadt- und Verkehrsplaner sowie Kommunen wurden angesprochen, um sie für die Bedeutung von kontrastreichen Barrieren im Straßenverkehr zu sensibilisieren.

An einem so geschmückten Poller zwischen Kirchplatz und Kugelbühlstraße traf sich der Rother Bürgermeister Ralph Edelhäußer (CSU) mit Vertretern des BBSB, des Rother Inklusionsnetzwerk (RHINK) sowie mit der Seniorenbeauftragten der Stadt, Brigitte Reinard. Poller seien effektive Mittel, um Parkplätze freizuhalten, Durchfahrtwege zu sperren oder Zufahrten kenntlich zu machen, hieß es dort. Jedoch stellten diese Hindernisse ebenso wie beispielsweise Werbeschilder für Sehbehinderte ein großes Problem dar. "Zumal Poller meist in grau gehalten sind und sich häufig auf grauen Untergrund befinden", so Edelhäußer. Umso mehr begrüßte er die Aktion des BBVB mit den kontrastreichen Mützen, die nicht nur hübsch aussähen, "sondern vor allem auf witzige Art und Weise den Finger in die Wunde legen".

Frank Nohr, der Leiter der BBSB-Bezirksgruppe Mittelfranken, betonte dann auch, wie wichtig ein deutlicher Kontrast für Sehbehinderte sei. "Dieser müsste sowohl im Straßenraum, in Gebäuden oder in Schriften immer angeboten werden", sagte er. Zumal das Problem der schwindenden Sehkraft immer mehr Menschen betreffen werde. Sein Verband betreut in Bayern rund 100000 Menschen mit erworbenen Augenkrankheiten oder Menschen, die davon bedroht sind. Tendenz klar steigend: "Von der altersbedingten Makuladegeneration - kurz AMD - wird künftig jeder vierte Deutsche betroffen sein", sagte Nohr. "Daher wird sich vieles wandeln müssen. "

Er betonte jedoch auch, dass die Forderungen des BBVB keine Einbahnstraße sei. "Es ist auch die Aufgabe der Sehbehinderten, sich selber durch speziell angebotene Trainings- und Schulungsmaßnahmen fit zu machen, damit sie sich sicher und selbstständig bewegen können. "

Laut Paul Rösch vom RHINK gibt es auch in Roth in Sachen Barrierefreizeit immer noch viel zu tun, wenngleich schon einiges erreicht worden sei. So kenne er Berichte von Sehbehinderten, die in der Zeit rund um den Challenge-Triathlon ihr Haus nicht verlassen wollten, "weil dann immer wahnsinnig viele Absperrungen und Schilder auf Augenhöhe eine Gefahr für sie darstellen".

Er wünsche sich außerdem mehr Privatinitiativen, schließlich könne nicht alles die Stadt erledigen. Lobend erwähnte er die Stadtapotheke am Marktplatz, die ihre Treppen mit roter Farbe markiert und diese auch immer wieder erneuert. Edelhäußer regte in diesen Zusammenhang wieder einmal einen "Spaziergang" mit Rollstuhlfahrern und anderen Menschen mit Handicap durch Roth an. So ließen sich Schwachpunkte in Sachen Barrierefreiheit finden und - wenn möglich - beheben.

Nicht nur mit auffälligen Mützen, sondern mit noch einfacheren Mitteln wie einer farblich ausreichend kontrastierenden Banderole auf zwei Ebenen könnte laut BBSB schon in vielen Bereichen relativ kostengünstig Abhilfe geschaffen werden. Die Bezirksgruppe des BBSB bietet Planern fachliche Beratung zur barrierefreien Gestaltung im Öffentlichen Raum.

HK

Tobias Tschapka