Ingolstadt
Verhaltene Reaktionen

Was sagen die Mitarbeiter über den Chefwechsel bei Audi? Ein Besuch am Werkstor

15.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:29 Uhr
Der Vorsprung durch Technik, hier am Gebäude A51 des Werks zu sehen, könnte mit der Ernennung Markus Duesmanns zum Vorstandsvorsitzenden wieder stärker im Vordergrund stehen. Zumindest ist Duesmann selbst Ingenieur - anders als seine Vorgänger. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Der Vorstandsvorsitzende Bram Schot geht, Markus Duesmann übernimmt am 1. April das Ruder bei Audi.

Die Nachricht, die nach der VW-Aufsichtsratssitzung publik wird, ist nach den Spekulationen im Vorfeld keine wirkliche Überraschung mehr, trotzdem wird sie vor allem von vielen Audi-Mitarbeitern mit großem Interesse aufgenommen. Ein Besuch an den Werkstoren.

Am Freitagnachmittag verlassen etliche Audi-Mitarbeiter nach Ende der Frühschicht das Werksgelände durch Tor 11 so wie immer. Viele von ihnen jedoch mit einer überraschend ernsten Miene, obwohl das Wochenende bevorsteht. Ausdruck der angespannten Situation beim Ingolstädter Autobauer? Viele sind beim Hinausgehen mit ihrem Smartphone beschäftigt. Ob sie dabei nach den neuesten Meldungen vom Mutterkonzern aus Wolfsburg suchen oder nur Freunden eine private Nachricht schicken, ist nicht bekannt.

Bereits im Vorfeld hatte man erfahren, dass an diesem Tag mit wichtigen Personalentscheidungen bei VW zu rechnen sei, was letztlich auch der Fall ist. Eine dringt schließlich gegen 15 Uhr nach Ingolstadt vor. Sie besagt, dass der ehemalige BMW Manager Markus Duesmann im April 2020 den erst zu Jahresbeginn zum Vorstandsvorsitzenden berufenen Bram Schot ablösen wird. Dieser war auf Rupert Stadler nach dessen Verhaftung gefolgt.

Mit unserer Zeitung wollen nur wenige Mitarbeiter sprechen. Viele sagen "Nein" oder schütteln einfach nur den Kopf und gehen weiter - auch weil der Bus wartet oder sie Unzufriedenheit über die Berichterstattung über Audi äußern. Einige lassen sich dann aber doch auf eine, wenn auch meist nur kurze, Stellungnahme ein - ohne ihren Namen preisgeben zu wollen. "Das muss ich erst mal sacken lassen, Damit habe ich nicht gerechnet, auch wenn es vorauszusehen war", sagt ein Mann mittleren Alters. "Ich kenne Duesmann, habe schon unter ihm gearbeitet", sagt eine Frau um die 50. Was sie von ihm hält, gibt sie nicht preis. Eine andere jüngere Frau gibt an, sich darüber noch keine Gedanken gemacht zu haben. "Ich kenne den Neuen nicht so, aber ich bin etwas traurig darüber, dass Bram Schot ganz geht", sagt ein anderer Mitarbeiter. Ein Kollege ergänzt: "Jetzt wird alles gut - wahrscheinlich. "

Als "schwierig" bezeichnet ein Mitarbeiter, etwa 55 Jahre alt, den Eindruck, den er zuletzt von Schot hatte. "Ich finde, er hat ein wenig zu viel Werbung für sich selbst gemacht, um in seine Position zu gelangen, ging danach aber unter", sagt er. "Uns ist es 20 Jahre lang blendend gegangen, jetzt ist eben ein anderes Zeitalter angebrochen", so der Mann weiter, der damit den industriellen Wandel und die E-Mobilität meint. "Ein neuer Vorstandschef alleine kann das nicht schaffen", findet er. Dazu brauche es wieder mehr Zusammenhalt unter allen Beteiligten. Das Misstrauen vieler Mitarbeiter gegenüber den Medien könne er nachvollziehen. "Die Leute hier sind es nicht gewohnt, so im Mittelpunkt zu stehen", sagt er.

"Wir sind jeden Tag gespannt, wie es weitergeht, denn keiner weiß, was passiert. Das ist nicht so gut", sagt ein Mann aus der Frühschicht. "Es soll einfach gut laufen, fertig", meint ein anderer. Er wünsche sich, dass alles wieder so sei wie vor der Dieselkrise. Da habe auch keiner so viel Stress gemacht. Die Mitarbeiter an den Bändern seien schließlich nicht schuld an dem, was passiert ist. "Aber wir leiden darunter - privat und in der Arbeit", sagt er.

Michael Brandl