Allershausen
Verhärtete Fronten

Bei der öffentlichen Anhörung zum Windrad-Projekt bei Paunzhausen wurde einen Tag lang gestritten

18.11.2011 | Stand 03.12.2020, 2:09 Uhr

Allershausen (PK) Freisings Polizeichef Anton Hemmer ist gekommen, um die Stimmung zu testen. Was er erlebte? Eine hochgradig vergiftete und emotional aufgeheizte Atmosphäre. Beispiel gefällig? Bauherr Thomas Gasteiger musste unter Applaus das Podium räumen.

Weil nicht er, sondern sein Bruder Johann der offizielle Antragsteller ist. Vor allem ein Vertreter der Rechtsanwaltskanzlei Labbé stellte bohrende Nachfragen. Er erntete jede Menge Beifall von den Gegnern eines Projekts, das in Zeiten der Energiewende eigentlich an Normalität gewinnen müsste. Tut es aber nicht – zumindest nicht in Paunzhausen. Hier ist die Stimmung nach wie vor am Boden, die Fronten sind verhärtet. Das Projekt Windrad läuft aus dem Ruder. „Paunzhausen baut kein Windrad, es baut einen Graben“, heißt es am Tisch.

Heftige Angriffe

Die Angriffe des Rechtsanwaltes richteten sich weniger gegen die Betreiber in sp, sondern vielmehr gegen die Vertreter des Landratsamtes. Beim Erörterungstermin gehe es doch nur darum, dass „jeder mal was sagen darf“, sagte der Jurist. Im Endeffekt sei die Sache aus Sicht der Genehmigungsbehörde doch gegessen – wogegen sich Michael Hildenbrand energisch verwehrte. Es wurde laut zum Thema Lärm – vor allem am Nachmittag.

Schon am Vormittag gab es heiße Diskussionen und Punkte, bei denen das Landratsamt nachhaken und prüfen muss. Da war zum einen der genaue Standort: Konrad Offenberger legte eindringlich dar, dass der während der Planungsphase leicht nach Osten verschobene Standort für das Windrad in den ausgelegten Unterlagen nicht verzeichnet gewesen sei. Dort sei noch von dem alten Standort die Rede. Von angeblichen Ergänzungsgutachten für den neuen Platz gebe es keine Spur. Einer der Windrad-Gegner sprach von „Verfahrensfehlern“, von „Irreführung der Bürger“ und forderte, „alles neu aufzuziehen“. Vergeblich. Immerhin: Nach längerem Hin und Her sicherte Hildenbrand zu, neu zu überprüfen, ob die Ergänzungsgutachten ausgelegt worden seien. Einen anderen „Verfahrensfehler“ meinten die Gegner darin gefunden zu haben, dass die Unterlagen nicht in Schweitenkirchen ausgelegt worden seien. Hildenbrand: „Das war zwar ein Irrtum, aber sicherlich kein relevanter Verfahrensfehler.“

„Absurder Wahnsinn“

Nächster Streitpunkt: die bauordnungsrechtliche Abstandsflächenregelung – nicht zu verwechseln mit den Abständen zur nächsten Wohnbebauung. Dass das Landratsamt einer Verringerung der Abstandsflächen von ursprünglich „1 h“ (gemeint: einmal die Höhe des Bauwerks) auf unter 0,25 h zugestimmt habe, fand der Rechtsanwalt „völlig absurd“ und „Wahnsinn“.

Um Abstände ging es auch bei den Fragen nach der „optisch bedrängenden Wirkung“ und nach dem Landschaftsbild: Das Landratsamt sah keine störenden Auswirkungen, die Windrad-Gegner sehr wohl. Die Familie Finkenzeller fürchtet jedoch um das Wohl ihrer Kinder, die schon unter Lärm und Dreck zu leiden hätten und jetzt auch noch „so etwas vor die Nase gesetzt“ bekommen.

Und dann der Nachmittag: Lärm, Infraschall und Schattenwurf. Die Planer Jürgen Beermann und Josef Kapfelsberger betonten, der gesetzliche Grenzwert werde selbst mit einem Sicherheits- und Impulszuschlag nirgends überschritten. Am lautesten wäre es demnach im 753 Meter entfernten Güntersdorf mit 40,2 Dezibel. Oder, wie es Kapfelsberger ausdrückte: Die Autobahn A 9 sei vier Mal so laut. „Sie werden das Windrad nicht wahrnehmen“. Georg Finkenzeller war da ganz anderer Meinung: Vehement forderte er eine Gesamtbetrachtung aller Lärmquellen und bezweifelte, dass die Grundlagen der Lärmberechnung für diese Anlage stimmen würden. Offenberger verwies auf das Windrad in Ammerfeld, wo Messungen einen achtfach höheren Wert als die Berechnungen ergeben hätten.

Zweifelhafte Studie

Und beim Infraschall? Da wurde von den Gegnern des Projekts eine angebliche „Studie“ des Robert-Koch-Instituts mehrfach zitiert, die eine mögliche Gesundheitsgefährdung belegen sollte. Lorenz Wiegl vom Gesundheitsamt betonte hingegen ein ums andere Mal, dass es sich dabei um keine fundierte Studie, sondern nur eine spekulative Stellungnahme handle. In 250 Meter Entfernung sei Infraschall nicht mehr wahrnehmbar. „Andere wissenschaftlich zuverlässige Aussagen gibt es nicht“, sagte er. Nun ist das Landratsamt am Zug. Es muss die Anträge abarbeiten, die Kritikpunkte prüfen und dann einen Bescheid – positiv oder negativ – erlassen. Wobei schon gestern von den Windrad-Gegnern immer wieder der Weg zur Justiz angekündigt wurde.