München
Verfassungsrichter bremsen Volksbegehren zu Flächenverbrauch

17.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:04 Uhr
Unterstüzter des Volksbegehren gegen Flächenfraß demonstrieren gegen das Urteil des Oberlandesgerichts. −Foto: Matthias Balk

So groß die Hoffnungen von Bayerns Naturschützern waren, so kämpferisch geben sie sich nach ihrer Pleite vor Gericht: Der Kampf um eine Höchstgrenze für die Versiegelung von Freiflächen geht weiter.

In Bayern wird es in absehbarer Zeit keine Beschränkung für die Versiegelung von Grünflächen geben. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof entschied am Dienstag, dass das von Naturschützern beantragte Volksbegehren „Betonflut eindämmen - damit Bayern Heimat bleibt“ aus formalen Gründen unzulässig sei. Konkret monierte Gerichtspräsident Peter Küspert, dass im zugehörigen Gesetzentwurf die „erforderlichen Vorgaben fehlten, nach denen die Staatsregierung als Verordnungsgeber des Landesentwicklungsprogramms die Aufteilung des zulässigen Flächenverbrauchs auf die einzelnen Planungsträger vorzunehmen hätte“.

Das bedeutet, dass die Antragsteller in dem Gesetzentwurf, der dem Volksbegehren zugrunde liegt, konkrete Vorgaben für die Umsetzung einer Obergrenze beim Flächenverbrauch schuldig geblieben sind. Dadurch würde die kommunale Planungshoheit in unzulässiger Weise eingeschränkt, so die Richter. Als mögliche Kriterien könnten Bevölkerungszahlen beziehungsweise ihre Entwicklung, die demografische Zusammensetzung oder auch noch vorhandene Freiflächen gelten.

Küspert betonte, dass die Festlegung der Kriterien unterschiedliche Folgen für die Kommunen bedeuteten und ein Gesetz auch Härtefällen Beachtung schenken müsse. Ungeachtet der Ablehnung des Antrags sei die Umsetzung einer Höchstgrenze für Flächenverbrauch aber nicht generell unmöglich, so Küspert. Jedoch gab er zu bedenken, dass es zweifelhaft sei, „ob die Stimmberechtigten bei einem Volksentscheid über den Gesetzentwurf überhaupt dessen Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen könnten.“

Die Kritiker des Volksbegehrens, darunter die CSU, die Freien Wähler, die SPD und der Bayerische Gemeindetag, zeigten sich erleichtert. „Das Grundanliegen, Flächen zu schonen ist ein gemeinschaftliches Anliegen. Aber der Ansatz, den die Grünen haben, ist der falsche Weg“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher beklagte, das Bündnis habe mit dem untauglichen Gesetzentwurf der wichtigen Sache keinen Gefallen getan. Die CSU kündigte an, weiter für einen sparsamen Flächenverbrauch eintreten zu wollen, dabei aber auf freiwillige Aktionen der Kommunen zu setzen.

Für die Initiatoren des Volksbegehrens, darunter Grüne, ÖDP, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Landesbund für Vogelschutz und der Bund Naturschutz in Bayern, ist die Entscheidung des Gerichts drei Monate vor der Landtagswahl ein herber Rückschlag. Dennoch gab sich der Beauftragte des Aktionsbündnisses und Chef der Grünen im bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, weiter kämpferisch: „Die Tür für eine Höchstgrenze ist ja nicht komplett zugeschlagen worden.“ Letztlich sei nur ein Weg versperrt worden.

Hartmann und der Bund Naturschutz in Bayern kündigten an, nicht aufgeben zu wollen: „Die Enttäuschung im Trägerkreis und bei den vielfältigen Unterstützern ist groß. Genauso groß ist aber der Wille, weiter für eine deutliche Reduktion des Flächenfraßes zu kämpfen und dieses Ziel massiv in den Wahlkampf hineinzutragen.“

Die Initiatoren des Volksbegehrens wollten den Flächenverbrauch mit einer gesetzlichen Höchstgrenze auf fünf Hektar pro Tag reduzieren. Sie hatten dazu mehr als 48 000 Unterschriften - und damit deutlich mehr als die notwendigen 25 000 - beim bayerischen Innenministerium eingereicht. Derzeit liegt der Flächenverbrauch im Freistaat bei rund zehn Hektar am Tag. Das Innenministerium hatte den Antrag bereits vor mehreren Wochen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken abgelehnt.

Mitteilung des Verfassungsgerichtshofes

dpa