Eichstätt
Vereint auf dem Uni-Campus

Initiativen und Vereine stellen mit Flüchtlingen das interkulturelle Festival "Refugium" auf die Beine

05.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:43 Uhr

Refugees Welcome: Viele kreative Aktionen und beste Stimmung gab es beim interkulturellen Festival "Refugium" am Samstag auf dem Campus der Eichstätter Universität. Der Joke e. V. und die tun.starthilfe hatten das Projekt gemeinsam organisiert und erhielten von vielen weiteren Verbänden und Vereinen sowie von den Flüchtlingen tatkräftig Unterstützung. - Fotos: Mayer, Redl

Eichstätt (EK) Locker, entspannt, chillig, ungezwungen, entkrampft. Man könnte viele Adjektive bemühen, die die Stimmung am Samstag auf dem Campus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in Eichstätt widerspiegeln. Das interkulturelle Open Air "Refugium" hatte die Pforten geöffnet.

Präsentiert von tun.starthilfe für Flüchtlinge und dem Kulturreferat des Studentischen Konvents wurde in Kooperation mit vielen weiteren Partnern bereits das zweite Fest unter dem Motto "Refugees Welcome" veranstaltet. Dabei kam dem Festival zugute, dass der JOKE e.V. mit seiner Infrastruktur half, M.u.K.E. e.V klinkte sich mit, ebenso die KSJ der Diözese, der Kreisjugendring mit der Spielbusaktion sowie die einzelnen studentischen Fachschaften. Über 20 Stände wurden von den Studierenden betrieben und sorgten für eine kulinarische Vielfalt. Ob amerikanische Pancakes, französische Crêpes oder mexikanisches Chili. Reichhaltig und bunt gemischt waren die Gaumenfreuden.

Robin Baumgartner (kleines Foto), hauptverantwortlicher Kopf des Festivals, war denn auch sichtlich froh, dass alles wieder sehr harmonisch und rund über die Bühne ging. Bei ihm, der leicht an seinem schwarzen Hütchen zu erkennen ist, laufen die Fäden zusammen. Er koordiniert und ist Mädchen für alles in sämtlichen Detailfragen.

Das breit gefächerte Angebot kultureller Veranstaltungen kam erneut bestens an. Mehr als zehn musikalische Acts sorgten auf zwei Bühnen und in der gemeinsam mit Geflüchteten gestalteten Lounge für gute Stimmung. Eine Bühne, auf der hautsächlich Künstler aus der Region auftraten befand sich außerhalb des Geländes im Bereich der Cafeteria. Dort musste auch kein Eintritt bezahlt werden. Dort trat zum Beispiel Gabriella Shazad auf mit ihrem Folk Acoustic-Pop made in Germany, Polen & Afghanistan auf. Als Tochter einer deutsch-polnischen Mutter und eines afghanischen Vaters wurde ihr die Zerrissenheit mit in die Wiege gelegt, was sie in ihren Liedern mit ihrer ausdrucksstarken Stimme, ihren kritischen Texten und doch so liebenswürdigen Melodien zum Ausdruck bringt.

Weitere Songwriter wie Harry Gump oder Rob Schröder gaben sich dort ebenfalls ein Stell-dich-ein. Mit ihren einfachen, aber sehr einfühlsamen Balladen thematisierten sie immer wieder gesellschaftspolitische Missstände und appellierten an Verstand und Menschlichkeit in Zeiten rassistischer und nationalistischer Umtriebe.

"Top acts", wie sie häufig auf Festivals anzutreffen sind, gab es keine, dafür war das Festival selbst der "Top Act", wie Robin Baumgartner anmerkte. Dies sei auch gar nicht nötig, denn Künstler aus vielen verschiedenen Kunst- und Kulturbereichen seien schon Attraktion genug. Musik, Straßentheater, Zirkus, kreatives bildnerisches Gestalten, Bauchtanz, Straßentheater. Alles war vereint.

Baumgartner sieht "Refugium" im wahrsten Sinne des Wortes als "einen Ort der sichereren Zuflucht, wo man miteinander feiern kann, wo man gemeinsam was aufbaut und auftritt." So wurden denn auch "Nigerian Group Dancers", jene Gruppe, die sich im letzten Jahr aus einem Musikworkshop bei der Sommerschule 2015 von "tun.starthilfe für flüchtlinge" konstituiert hatte, von den Runners (Fahrern der Tun.starthilfe) aus Beilngries abgeholt und heizten an.

In den Abendstunden sorgte die Eichstätter Lokalband "Reynard and the Raven" mit ihrem rockigen Sound für gute Stimmung. Neu dabei war der kolumbianische Songwriter und Gitarrist Samuel Kaputt, und nach langer Zeit waren Manki Mukke mit ihren unkonventionellen Arrangements wieder zurück, die sechsköpfige Band Los Barbudos aus Eichstätt sorgte für wildes Hüpfen und ausgelassenes Tanzen.

Doch es waren auch empfindsame und feinfühlige Töne zu hören, wie bei Nasir und Monir Aziz, die ihr ganzes Leben der Liebe zur Musik gewidmet haben. Nasir, der als einer der besten Sitarspieler Afghanistans gilt, und sein Bruder verstehen sich selbst als Botschafter der klassischen indischen Ragamusik, die aus der Tiefe der Seele kommt und daher für den Zuhörer eine anspruchsvolle Musikform ist.

Parallel wurden verschiedene Workshops angeboten. Beim Expression Workshop Anfang April fand in den Räumen der KU ein Workshop mit der iranischen Künstlerin Golnar Tabibzadeh statt. Zehn Geflüchtete im Alter von 16 bis 28 Jahren aus Stadt und Landkreis Eichstätt zeichneten und malten eine Woche lang die verschiedensten Motive, darunter auch Gemeinschaftswerke, die nun ausgestellt wurden.

Mit Paletten wurden kreative Sitzgelegenheiten gebaut, die auch an der KU bleiben sollen, die KSJ zauberte wunderschön-charmante Henna-Tattos auf die Hände, während im Studihaus in einer hitzigen Debatte des AK Wortsport (studentischer Debattierclub) über die Einführung einer Kultursteuer stritt.

Auch das Theatron der KU wurde wieder mit einbezogen und erwies sich erneut als perfekte Bühne, wie beim Straßentheater aus dem mittelamerikanischen Nicaragua, bei dem die Akteure viel Slapstick durch Mimik und Gestik an den Tag legten. Bei den akrobatischen Meisterleistungen und Jonglagekünsten kam das Publikum voll auf seine Kosten. Ein Augen- und Ohrenschmaus war die orientalische Tanzshow von Mia Luna und ihrem Ensemble. Im Theatron fand dann auch das große Finale mit einer spektakulären und mitreißenden Feuershow statt.

Gewinner gab es viele: In erster Linie die vielen Flüchtlingen, die sich als Helfer bereits beim Aufbau, aber auch während des Festivals bewährten. Der Erlös des Festivals kommt tun.starthilfe zugute.