Eichstätt
Verdammt komisch

Eichstätter KUmparsen schaffen mit Neuinszenierung von Oscar Wild "Ernst sein ist alles" Theater genialer Eloquenz

26.01.2012 | Stand 03.12.2020, 1:54 Uhr

Wer macht denn da so einen Lärm? Cecily, Pastor Dr. Chasuble und Miss Prism (von links) - Fotos: Eisenberger

Eichstätt (EK) „The importance of being Earnest“, ein charmant pointiertes Verwirrspiel unausgelasteter englischer Dandys wurde zu Oscar Wildes populärster Satire. Zu seiner Zeit, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, war gerade das englische Klassenbewusstsein in der High Society peinlichst versteift, fast grotesk. Gesellschaft und öffentliches Auftreten, ein Etikettenschwindel, den wohl niemand besser kannte als Oscar Wilde selbst und der seit seiner Uraufführung Anlass zu hunderten von Inszenierungen bot.

Die jüngste Neuauflage stammt von acht Studenten der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Die „KUmparsen“ zauberten mit ihrer Theaterkomödie eine wahrlich raffinierte Interpretation von „Ernst sein ist alles“ aufs Parkett des Eichstätter „Studihauses“.

Zwei Stunden vollgepackt mit britischem Charme und Humor – fürwahr: Die drei Aufführungen waren zum Schießen komisch – und dabei genauso treffend wie Oscar Wildes satirische Art, die Gesellschaft zu beschreiben.

Regisseurin Tanja Büchl schaffte es, Wildes intelligent-grotesken Wortwitz durch eine schauspielerisch wie humoristisch kongeniale Besetzung an ihr Publikum zu transportieren. Raffiniert, wie die zynischen Gespräche zwischen John Worthing (gespielt von Dennis Ritter) und Algy Moncrieff (Felix Lempp) die Spitzbübigkeit zweier Möchtegern-Gentlemen aufs Korn nehmen.

Um den Pflichten des Stadtlebens und Butler Lane (Nastasia Radtke) zu entfliehen, erfindet Algy den kränklichen älteren Herren vom Lande, Bunbury. John hingegen benutzt seinen ebenso frei erfundenen Bruder Ernst, um sich gelegentlich in London zu vergnügen. Die Kombination aus Algys „Bunburysiererei“ und Johns falschem Bruder scheint zu funktionieren, doch als die verworrenen Frauenbekanntschaften der beiden auffliegen, geraten Algy und John in „ernst-hafte“ (ja, dieses banale Wortgefüge wird im Stück nicht nur einmal bemüht) Schwierigkeiten.

Grandios auch Laura Spies, die in ihrer Rolle als selbstgefällige Lady Bracknell die ätzende Upper-Class-Furie mit verheerendem Standesbewusstsein mimt und durch überzeichnete Hochnäsigkeit zur Karikatur ihrer eigenen Zunft verkommt. Zwischen Bracknell, deren Tochter Gwendolen (Friederike Kemmether) und der kleinen Cecily (Tanja Büchl) rumort zudem ein schauspielerisch gekonnt inszenierter Generationenkonflikt, für den ausgerechnet die biedere Lateinlehrerin Miss Prism (Barbara Hefele) die unfreiwillige Lösung parat hat. Immerhin: Für ihr Geständnis gab es eine herzende Umarmung vom urkomischen Pastor Dr. Chasuble (Jonas Bodensohn), wobei einigen im Publikum bereits Chasubles genialer Gesichtsausdruck die Tränen in die Augen trieb.

Die rund 200 Zuschauer, die sich am Samstag zur „Derniere“ ins Studihaus der Universität zwängten, honorierten diese Leistung mit minutenlangem Applaus. Dank der glänzenden Abstimmung von Schauspielern, Kostüm, Maske und Regie wurde aus Oscar Wildes Kritik am lächerlichen Standeshabitus zweier dekadenter Lebemänner und deren sozialem Rollenspiel ein vollendetes Theater genialer Eloquenz. Nicht die geistreichen Dialoge waren es aber, die die Lachmuskeln strapazierten. Vielmehr schafften es die Protagonisten, durch nonverbale Akzente und feine Details in Mimik und Gestik großartige Komik zu erzeugen.

Und so verließen die Zuschauer das Eichstätter Studihaus nach der Abschlussaufführung am Samstagabend äußerst vergnügt – und ohne jeden Ernst.