Geisenfeld
Verborgene Schönheit ins rechte Licht gerückt

Für sein Hobby muss kein Baum sterben: Michael Sigl aus Ilmendorf gestaltet aus Altholz leuchtende Installationen

18.12.2020 | Stand 21.12.2020, 3:33 Uhr
Leuchtende Installationen verwandeln die Werkstatt von Michael Sigl in Ilmendorf derzeit in eine vorweihnachtliche Ausstellung. −Foto: Zurek

Ilmendorf - Dekorieren ist seine Leidenschaft und die Vorweihnacht daher seine liebste Jahreszeit. Wer Michael Sigl in seiner Werkstatt in Ilmendorf besucht, taucht ein in eine Welt aus Licht und Farben, aus verschnörkelten Installationen und urigen Holzskulpturen.

Leuchtende Girlanden und ein strahlender Stern von Bethlehem weisen Gästen schon von weitem den Weg zu dem Anwesen in der Hartackerstraße, das ein wenig wie ein winterlicher Märchenwald anmutet. Hinter der Scheibe eines alten Fensterrahmens, der zur Vitrine umgestaltet wurde, lächeln Nikolaus und Schneemann einem zur Begrüßung am Hauseingang entgegen, ein Rentier beleuchtet den Pfad und allerorten geraten weihnachtliche Motive in den Blick - darunter ein überlebensgroßer Engel, dessen Konturen winzige LED-Sternchen umreißen.

In der Werkstatt - hier befand sich einst die Zupfmaschinenhalle des väterlichen Betriebes - verbreitet ein Holzofen bullernd behagliche Wärme, dezente Musik erklingt aus den versteckten Lautsprechern. Hobelmaschine, Tischkreissäge und allerlei sonstige Gerätschaften verweisen auf die neue Nutzung. Doch sie treten angesichts der liebevoll präsentierten Werke, die mit ihrer Hilfe entstanden sind, völlig in den Schatten. Und das im Wortsinn, denn nur die Exponate sind ins rechte Licht gehüllt. Der Anlagentechniker spielt dabei gefühlvoll, ohne grelle Akzente, mit dem Farbspektrum - hier warme Orangetöne, dort psychedelisch anmutende Blauvariationen, die ihre wohltuende Wirkung im Raum entfalten.

"Ich hab schon mit sechs Jahren gern alles übernommen, was daheim mit Dekoration zu tun hatte - allen voran das Schmücken des Christbaums", gesteht der dreifache Vater, der das Talent an seine Kinder vererbt hat, schmunzelnd.

Zu jedem Stück - vom Adventlichthalter mit den eingebrannten Familienmotiven bis zum leuchtenden Engel aus einem Thuja-Stamm - kann deren Schöpfer, der vor ein paar Jahren die Liebe zur Holzbearbeitung entdeckte, jeweils eine kleine Geschichte erzählen. Es ist ihm wichtig, dass für sein Hobby "kein Baum und keine Pflanze sterben muss". Dabei zeigt der 46-Jährige auf zwei originelle Lampen - gefertigt aus einem "alten Apfelbaum, der innen schon ganz hohl war". Daneben schweben getrocknete Hopfen- und Weinreben sowie Gojibeerenzweige, mit Lichterketten zu kunstvollen Leuchtobjekten verwoben, von der Decke. Ein sanft geschwungenes Herz zieht den Blick des Betrachters auf sich, und man erfährt: "Das war ein Muttertagsgeschenk für meine Frau, geformt aus der Astgabelung einer toten Eiche."

Sigl mag keine Verschwendung, schon gar nicht, wenn in dem vermeintlichen Abfall "oft so viel Schönheit steckt". Die Tannenzapfen, die auf dem örtlichen Kinderspielplatz herumlagen, hat er zum riesigen Adventskranz zusammengefügt. Aus einem zum Verfeuern gedachten Holunderbaum entstand eine Art Taufbecken, und ein Wurzelstock landete dank seiner Bearbeitung nicht auf dem Kompost, sondern als Uhrengehäuse auf dem Gabentisch. Man müsse halt irgendwie spüren, was drinsteckt in dem Material, sozusagen seine "Seele" freilegen, meint der gebürtige Ilmendorfer. Und seine Frau bescheinigt ihm, dass er dafür wirklich "ein Auge hat".

Die für den dritten Adventssonntag geplante Ausstellung der adventlichen Pracht fiel den aktuellen Infektionsschutzvorschriften zum Opfer. "Ich hatte gehofft, trotz Corona mit einem ausgeklügelten Hygienekonzept wenigstens eine kleine Anzahl von Interessierten einlassen zu dürfen", zeigt sich der Künstler ein wenig enttäuscht. Nun wird der überdimensionale Tisch inmitten des Raumes lediglich der Familie als Treffpunkt "mit gehörigem Abstand" dienen. Der Rahmen, der die Glasplatte hält, war übrigens einst ein marodes Bettgestell.

Zum Abschied zwinkert im Garten ein uriger Weihnachtsmann dem Besucher im Blinklicht des vor ihm platzierten Sterns zu. Es scheint, als sei er dankbar, mit der Kettensäge aus seinem "Gefängnis" - einer knorrigen Astgabel - befreit worden zu sein. Eine schöne Vorstellung, die den kindlichen Zauber des Festes für einen Augenblick spürbar werden lässt.

GZ