Verbale Verrenkungen

Kommentar

07.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:59 Uhr

Es ist schon erstaunlich, welche verbalen Verrenkungen der als Klartext-Redner berüchtigte Sigmar Gabriel als Außenminister unternehmen kann. Der Besuch des Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu in Goslar, der Heimatstadt des Sozialdemokraten, sollte vor allem dazu dienen, die frostigen Beziehungen zwischen beiden Staaten wieder zu verbessern.

Allerdings ohne die Konflikte auszuklammern, wie der Gast es gerne tun würde, der von einem Neustart spricht. Bevor es den geben kann, hat Ankara eine Bringschuld.

Es kann keine Normalisierung der Beziehungen zu einem Land geben, in dem Menschen aus politischen Gründen, mit fadenscheinigen Vorwürfen und ohne Anklage eingesperrt werden. Rechtsstaatliche Standards müssen in der Türkei beachtet, Geiseln wie Deniz Yücel freigelassen werden. Ohne Wenn und Aber und ohne Tauschhandel. Gabriel hat einen Zusammenhang gezogen zwischen dem Fall des "Welt"-Korrespondenten und Rüstungslieferungen an den Nato-Partner. Das jedoch wäre ein schmutziger Deal, und den darf es nicht geben. Auch wenn Gabriel sich missverstanden fühlt - eine Verknüpfung zwischen beiden Themen ist fatal.

Wesentlich klarere Worte als der Außenminister fand der französische Präsident Emmanuel Macron beim Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Er hat ihm ziemlich deutlich gemacht, dass er sich einen EU-Beitritt seines Landes bis auf Weiteres abschminken kann. Die Türkei braucht die Europäer, braucht die Zollunion, Touristen und Investoren. Erdogan weiß, was er zu tun hat. Es gibt keinen Grund, ihm vorauseilend Angebote zu machen.