Nach
Veni, vidi, Vinicius

12.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

Nach Rio kommen und sehen, wie andere siegen - veni, vidi, Vinicius. Der tierisch gelbe Katzenaffe Vinicius ist zusammen mit dem pflanzengrün-blauen Tom das Maskottchen der Olympischen und Paralympischen Spiele. Vinicius und Tom? Ja, in Anlehnung an Vinicius de Moraes und Tom Jobim, die einst den weltberühmten Bossa-Nova-Klassiker "Garota de Ipanema" komponierten.

Und zwar der Legende nach so: Beide saßen wie immer in der Bar Veloso in Ipanema und genossen das gepflegte Nichtstun am Strand. Da schlenderte die bildhübsche Helô vorbei, verzauberte alle Bargäste, und die beiden Künstler schrieben mit einem Stift das Lied auf der Papiertischdecke. Die ist seit der Eröffnungsfeier zerschnitten.

Die Familie des Dichters und Sängers Vinicius de Moraes droht dem Organisationskomitee der Spiele mit einer Klage. Sie sah den Autor des Textes bei der Eröffnungsfeier nämlich nicht genügend gewürdigt. Im Maracanã-Stadion war Supermodel Gisele Bündchen als "Mädchen von Ipanema" auf ein großes Bild von Tom Jobim zu gelaufen, dessen Enkel Daniel saß am Piano und sang. Vinicius de Moraes kam da tatsächlich vergleichsweise kurz. Aber kann es etwas Größeres geben, als Namensgeber eines olympischen Maskottchens zu sein?

Was Vinicius, der Echte und nicht etwa Vinicius, der Gelbe von der Sache hält, wissen wir nicht. Er ist 1980 gestorben. Aber zu Lebzeiten hätte er vermutlich ein Klagelied getextet. Die Organisatoren sind gut beraten, sich für die Schlussfeier in einer Woche eine schöne Geste in Richtung Vinicius, dem Verstorbenen und nicht Vinicius, dem Gelben einfallen zu lassen - veni, vidi, Vinicius.

Lars Müller-Appenzeller berichtet für unsere Zeitung in Rio de Janeiro über die Olympischen Spiele.