München
Vater soll wegen Totschlags an Baby neun Jahre in Haft

27.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:39 Uhr

Liebevoll und nett findet ihn seine Frau. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Vater dagegen vor, sein eigenes Baby getötet zu haben. Seine Anwälte fordern Freispruch und greifen Mediziner an.

Hat er seine eigene Tochter zu Tode geschüttelt oder ist das Baby an anderen Ursachen gestorben? Die Staatsanwaltschaft hat in dem Prozess vor dem Landgericht München I von Totschlag gesprochen und neun Jahre Haft für den Vater gefordert. Dessen Anwälte forderten am Donnerstag dagegen Freispruch und warfen den Richtern Einseitigkeit vor.

Der Angeklagte habe seine noch nicht einmal sechs Wochen alte Tochter getötet, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Aber: „Sie haben Ihre Tochter nicht ermordet.“ Zunächst hatten die Ermittler den Hilfskoch mit italienischem Pass wegen Mordes an seinem Kind angeklagt. Der Beschuldigte habe kein Motiv gehabt, seine Tochter zu ermorden. Trotzdem habe er ihren Tod billigend in Kauf genommen. „Er weiß, dass kleine Kinder nicht geschüttelt werden dürfen.“ Die Beweise seien klar, dass die Verletzungen des Babys nur durch ein Schütteltrauma entstanden seien und nicht etwa durch die spätere Reanimation.

Das sahen die Verteidiger des Angeklagten aus München anders. Es gebe keine objektiven Beweise für einen Tod durch Schütteln, sagte Peter Guttmann in seinem Plädoyer. Er berief sich auf Mediziner, die er selbst vor Gericht als Gutachter vorgeschlagen hatte und die im Laufe des Prozesses Zweifel an der Todesursache geäußert hatten. Das Kind könne beispielsweise an einer Vorerkrankung gelitten haben und dann zusätzlich bei der Reanimation verletzt worden sein, hatte einer der Gutachter im März erklärt.

Die beiden Anwälte warfen den Richtern vor, das Fachwissen dieser Ärzte ignoriert zu haben. Auch die Rechtsmediziner der Münchner Uniklinik seien in ihrer Einschätzung einseitig gewesen, sagte Guttmann. Sein Kollege Antonio Agosta kritisierte die Ermittler, weil es keine Zeugen für die Tat gebe. In seinem letzten Wort sagte der Angeklagte laut Dolmetscherin: „Ich hätte meiner Tochter niemals wehgetan.“

Der Hilfskoch soll seine Tochter laut Anklage im Oktober 2017 so heftig geschüttelt haben, dass sie an den Folgen starb. Die Mutter der Kleinen hielt sich während der Tat im Badezimmer auf. Sie glaubt an die Unschuld ihres Mannes. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der gebürtige Italiener überfordert war, weil seine Tochter laut weinte. Das Urteil wird für kommenden Mittwoch erwartet.

dpa