Mühlheim
Urzeit-Krokodil wandert nach München

30.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:38 Uhr

Bei der Übergabe im Fossiliensteinbruch Mühlheim (von links): Uwe Krautworst (Krautworst Natursteine), Dr. Winfried Werner (Bayerische Staatssammlung für Geologie und Paläontologie), Bürgermeister Richard Mittl, Uli Leonhardt (Geologe und Präparator), Dr. Oliver Rauhut (Bayerische Staatssammlung für Geologie und Paläontologie), Roland Pöschl (Steinbruchbesitzer und Finder). - Foto: mi

Mühlheim (mi) Die beiden vor etwa zwei Jahren gefundenen und in langwieriger Arbeit präparierten bedeutenden fossilen Funde aus dem Mühlheimer Steinbruch wandern nach München. Sie werden in der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie näher erforscht und ausgestellt.

Jetzt war die Übergabe des Urzeitkrokodils und des Flugsauerierkopfes im Mühlheimer Steinbruch. Dabei informierte Dr. Oliver Rauhut, Konservator an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie, über die geologischen Hintergründe, denn wo heute die Altmühl fließt, erstreckte sich vor sehr langer Zeit ein ausgedehntes, tropisches Flachmeer. In und über diesem Meer tobte das Leben: schneckenartige Tintenfische, mit knöchernen Schuppen gepanzerte Fische, Schildkröten und Fischsaurier tummelten sich im Wasser, während Flugsaurier und der erste Vogel, der Archaeopteryx, die Lüfte unsicher machten. Heute, 140 Millionen Jahre später, zeugen die versteinerten Überreste dieser Tiere in den Gesteinen des Altmühltales von jener vergangenen Welt.
 

2008 hat die Firma Krautworst Natursteine in der Nähe von Mühlheim bei Mörnsheim einen neuen Steinbruch eröffnet, der nur der Erforschung dieser unbekannten Lebenswelt dient. Dieser Steinbruch liegt in den Mörnsheimer Schichten, die sich über den berühmten Solnhofener Schichten befinden, und schon bald zeigte sich, dass diese Gesteine sogar noch fossilreicher sind, als die "klassischen" Solnhofener Kalke. Inzwischen existieren bei Mühlheim ein Besuchersteinbruch und eine professionelle Grabung. Letztere findet in einer bisher in Deutschland einmaligen Kooperation der kommerziellen Steinbruchbetreiber mit verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen statt, darunter auch die Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie in München. Diese Zusammenarbeit hat sich als äußerst fruchtreich erwiesen: "Die Öffnung eines Steinbruches und eine gezielte Grabung sind Aufgaben, die wir aus finanziellen und besonders personellen Gründen gar nicht leisten könnten", erklärt Dr. Oliver Rauhut: "Diese Aufgaben werden vom Betreiber des Steinbruches übernommen. Wir übernehmen die wissenschaftliche Betreuung und haben ein Vorkaufsrecht bei den wissenschaftlich besonders bedeutenden Stücken."

Zweier solcher Stücke konnten von der Bayerischen Staatssammlung gerade mit Hilfe des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst und des Vereins der Freunde der Staatssammlung für Paläontologie und historische Geologie angekauft werden. Es handelt sich dabei um den vollständigen Schädel eines sehr seltenen Flugsauriers und den Schädel und Reste des Skelettes eines etwa drei Meter langen Meereskrokodils. "Beides sind Stücke von großem wissenschaftlichen Wert, deren Verbleib an einer wissenschaftlichen Institution im Freistaat Bayern so gesichert werden konnte", freut sich Rauhut: "Bei dem Flugsaurier handelt es sich um eine der seltensten Arten aus den oberjurassischen Kalken Süddeutschland, der wichtige neue Erkenntnisse zu dieser Gruppe geben wird. Das Krokodil ist offenbar ein Bindeglied zwischen den typischen schlanken Meereskrokodilen des oberen Jura und den so genannten Dakosauriern, den Monsterechsen der jurassischen Meere." "Viele Bewohner des Freistaates wissen gar nicht, welche fossilen Schätze das Altmühltal und seine Umgebung bergen", meint Ulrich Leonhardt, einer der Besitzer des Mühlheimer Steinbruchs. "Um Fossilfunde von weltweit überragender wissenschaftlicher Bedeutung zu machen, muss man nicht unbedingt in die Wüste Gobi oder andere exotische Gegenden gehen", erklärt auch Diplom-Geologe Alexander Heyng: "Direkt vor unserer Haustür finden sich hier wissenschaftliche Schätze, deren Bedeutung auch nach 200 Jahren Forschung nicht genug betont werden kann."