Ein
Unverhofftes Treffen

Ehemaliges Paar sieht sich nach 27 Jahren wieder

31.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:17 Uhr

Ein Mann und eine Frau, beide 47 Jahre alt, treffen sich zufällig während einer Bahnfahrt. Treffen ist fast zu viel gesagt. Sie sitzen nebeneinander, wissen, wer der andere bzw. die andere ist, und trauen sich zunächst nicht, miteinander zu sprechen. Schließlich haben sie sich vor 27 Jahren während eines gemeinsamen Wochenendes in London unter unschönen Umständen getrennt.

Daran lässt Jean-Philippe Blondel die erfolgreiche Cécile und den melancholischen Philippe sich zunächst still erinnern. Vor ihrem inneren Auge zieht aber nicht nur dieses katastrophale Wochenende vorbei, sondern ihr bisheriges Leben. Was ist aus ihren Träumen, was aus ihnen selbst geworden? Cécile, das ehemalige Mauerblümchen, hat sich zu einer erfolgreichen Geschäftsfrau entwickelt und ist in ihrer Ehe in die Routine gekommen, was aber vielleicht nicht schlecht ist. Denn ihre alten Eltern fordern Hilfe, ihre 17-jährige Tochter braucht Zuwendung. Der einstige Strahlemann und Frauenschwarm Philippe ist geschieden, hat sich damit arrangiert, dass sein Freund seine Ex-Frau geheiratet hat und sich auch um seine Kinder kümmert. Philippe ist Angestellter in einem Einkaufszentrum.

Nun also sitzen sie im vollen Vorortzug nach Paris und hängen zunächst jeder für sich den Gedanken nach. Auch mit der Frage: „Was wäre nun, wenn . . .“ – die beiden ein Paar geworden wären. Blondel lässt beide Protagonisten jeweils als Ich-Erzähler im Stil einer charmanten französischen Boulevard-Komödie erzählen bis zur überraschenden Wendung am Ende. Das ist so spannend wie amüsant und lässt nachdenken über verpasste Chancen, über Zufälle im Leben und was man daraus macht.

Jean-Philippe Blondel: 6 Uhr 41. Aus dem Französischen von Anne Braun, Deuticke-Verlag, 200 Seiten, 17,40 Euro. Hörbuch gelesen von Andrea Sawatzki und Christian Berkel.