Unverhoffte Aufstiegschance

30.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:19 Uhr

Eigentlich hatte Dorothee Mooser mit der Handballsaison schon abgeschlossen. Doch nun hat sich für die gebürtige Scheyrerin eine unerwartete Gelegenheit aufgetan: Sie kämpft ab diesem Sonntag mit ihrem Team um einen Platz in der 2. Bundesliga

Scheyern/Pfaffenhofen - Dritter Anlauf, dieses Mal soll es klappen: Ab diesem Sonntag kämpfen die Frauen des ESV Regensburg mit der früheren Spielerin des MTV Pfaffenhofen, Dorothee Mooser, um den Aufstieg in die 2. Handball Bundesliga. Vier Spiele entscheiden darüber, ob der ESV seinen Traum von der 2. Liga verwirklichen kann.

Es ist vieles maximal unglücklich gelaufen für die Bunkerladies, wie sich die 1. Frauenmannschaft des ESV Regensburg nennt. In der Saison 2019/20 wurde der Aufstieg aus der 3. Liga angestrebt. Die Mannschaft war gut unterwegs, dann kam fünf Spieltage vor Saisonende der coronabedingte Saisonabbruch. Die Regensburgerinnen standen auf Platz zwei - doch weil andere Teams verzichteten und Tabellenführer TuS Metzingen II nicht aufsteigen hätte dürfen, hätte dieser Rang zu einem direkten Aufstieg gereicht. Der Verein bekam aber den Etat für die 2. Liga in der Kürze der Zeit nicht zusammen, weil auch viele Sponsoren wegen der Corona-Krise vor einer unsicheren Zukunft standen.

Der nächste Anlauf für das Aufstiegsziel dauerte genau zwei Spiele. Dann wurde auch die Drittliga-Saison 2020/21 aufgrund der hohen Fallzahlen abgebrochen. Doch nun hat sich eine neue Chance aufgetan: Es gibt eine Aufstiegsrunde zur 2. Liga. Aus ganz Deutschland konnten sich Drittliga-Teams dafür freiwillig melden. In einem Turnier Jeder-gegen-Jeden mit fünf Mannschaften werden nun zwei direkte Aufsteiger und ein Relegationsteilnehmer, der gegen den Zwölftplatzierten der 2. Liga antritt, ausgespielt. Weil der ESV Regensburg - auch dank der guten Kontakte von Hans-Christian Wagner (seit September für die Bereiche Vermarktung und strategische Kommunikation zuständig) - inzwischen den Etat für die 2. Liga auf die Beine gestellt hat, kämpfen die Bunkerladies ab diesem Sonntag um den Aufstieg in die zweithöchste Spielklasse.

"Lange gab es keine Informationen vom DHB", sagt Mooser über die Phase der Ungewissheit. "Als dann durchgedrungen ist, dass es eine Aufstiegsrunde geben soll, haben wir als Mannschaft sofort gesagt, dass wir da angreifen wollen." Die 27-Jährige kommt aus Scheyern, hat dort bei den Handball-Füchsen mit dem Sport angefangen und lange beim MTV Pfaffenhofen gespielt. Seit 2013 spielt und lebt die Jura-Doktorandin in Regensburg. Es ist wohl ihre letzte Chance auf Zweitliga-Handball.

Deswegen sind Motivation und Zuversicht nicht nur in der Mannschaft, sondern auch bei ihr persönlich sehr groß. Der Aufstieg ist das klar formulierte Ziel des Teams von Trainer Csaba Szücs. Die Situation bringt aber einige ungewohnte Faktoren mit sich. Zum einen sind die Gegner teilweise unbekannt. Den SV Allensbach aus dem südbadischen Raum kennt der ESV aus der 3. Liga Süd, den Frankfurter HC aus Brandenburg von einigen Vorbereitungsspielen. Aber Spiele gegen den TV Aldekerk aus Nordrhein-Westfalen und den MTV Heide aus Schleswig-Holstein sind Neuland.

Was ebenfalls neu ist: ungewohnt lange Busfahrten. Als Drittliga-Handballerin ist man es gewöhnt, nicht ausschließlich gegen Nachbarstädte anzutreten. Aber eine achtstündige Busfahrt nach Frankfurt (Oder) ist eine andere Belastung. "Wenn man am Spieltag acht Stunden lang vor der Partie im Bus sitzt, dann steckt einem das in den Knochen und im Kopf", erklärt Mooser. Teile der Strecke will die Mannschaft darum schon am Vortag bewältigen. Und die längste Strecke nach Schleswig-Holstein bleibt dem Team glücklicherweise erspart. Denn in der Fünfer-Runde spielen die Teams gegen jeden Gegner einmal. Der ESV tritt auswärts gegen Frankfurt und Aldekerk an, Heide und Allensbach kommen in die Domstadt.

Der dritte ungewohnte Faktor ist der zeitliche Rahmen. Die vier Spiele finden alle innerhalb eines Monats statt und werden vom 2. bis zum 23. Mai ausgetragen. Jedes Spiel hat Finalcharakter. "Wir haben Respekt davor", sagt Mooser. "Man darf sich eigentlich keinen Fehler erlauben." Dementsprechend bereitet sich der ESV aktuell intensiv auf die Aufstiegsrunde vor. Viermal die Woche wird trainiert, seit März leitet die Sportwissenschaftlerin und langjährige Mitspielerin Lavinia Albescu eine spezielle Kraft- und Ausdauereinheit, die Vorbereitungspartie gegen den Drittligisten TV Nellingen - das erste Handballspiel seit sechs Monaten - wurde mit 31:29 gewonnen. Mit Natascha Weber wurde eine frühere ESV-Spielerin extra für die Aufstiegsrunde verpflichtet.

Das alles sorgt bei den Regensburgerinnen für Zuversicht, die Motivation ist groß. "Die Bereitschaft, Leistung zu bringen und der Aktionswille sind viel größer als sonst", sagt Mooser, die das schon direkt nach dem Zusammenkommen der Mannschaft nach der Corona-Unterbrechung gemerkt hat. "Alle trainieren viel motivierter und konzentrierter als während einer normalen Saison." Nachdem zweimal die Aufstiegschance unverschuldet genommen wurde, wollen sich die Regensburgerinnen und ihre Abwehrchefin aus Scheyern ihren Traum in diesem alles andere als normalen Mai in vier entscheidenden Spielen endlich erfüllen.

PK

Christian Missy