Untote in Kisten

Starker Cast: "Dracula" als Miniserie bei Netflix

06.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:26 Uhr
Der Däne Claes Bang verkörpert den Vampirfürsten teuflisch charismatisch. Als perfekter Charmeur verleiht er dem personifizierten Bösen ein verführerisches Antlitz. −Foto: Netflix

Er ist der wohl berühmteste Vampir der Literaturgeschichte: Graf Dracula.

 

Unzählige Male wurde die legendäre Romanfigur von Bram Stoker schon für Film und Fernsehen adaptiert. In der neuen Netflix-Miniserie "Dracula" verpassen Mark Gatiss und Steven Moffat, die bereits Sir Arthur Conan Doyles' Detektiv für "Sherlock" modernisiert haben, dem Vampir aus Transsylvanien eine Frischzellenkur, die sich sehen lassen kann.

Gealtert, von Narben übersät und ausgemergelt sitzt Jonathan Harker (John Heffernan) in einem Nonnenkloster in Budapest einer wissbegierigen Nonne mit holländischem Akzent namens Agatha gegenüber. Der Londoner Anwalt wurde aus dem Meer gefischt und dorthin gebracht. Er erzählt, wie er vom Adeligen in sein Gruselschloss einbestellt wurde, um den Kauf einer Liegenschaft abzuschließen. Doch der Vampir hat nur ein Interesse: Er will an frisches Blut kommen. "Trinken Sie etwa? ", fragt Jonathan. "Keinen Wein", antwortet der Graf und dicke Bluttropfen fließen dabei ins Glas. Sieht Dracula zu Beginn aus wie eine Mischung aus Alt-Hippie und Riff-Raff aus der Rocky-Horror-Picture-Show, so wird er immer jünger, während der junge, frisch verheiratete Jonathan so stark altert, dass ihn selbst seine Holde nicht mehr erkennt.

Der Grusel-Faktor in dem Dreiteiler ist enorm, die Effekte sehenswert. Da krabbeln Fliegen hinter Augen, steigen skelettierte Untote aus Kisten, gibt es wilde Jagden durch düstere Labyrinthe, fletschen wilde Bestien die Zähne, verwandeln sich spektakulär und es rollen auch Nonnenköpfe.

Doch "Dracula" hat auch eine andere Ebene. Pointierte Dialoge durchziehen die Miniserie, vor allem die Verbal-Duelle zwischen Agatha, einer unerschrockenen Vampirexpertin, und Dracula machen Spaß. Hinzu kommen einige originelle Ideen und überraschende Wendungen.

Teuflisch gut und charismatisch ist der dänische Schauspieler Claes Bang (Europäischer Filmpreis für "The Square") in der Titelrolle. Abgrundböse, aber smart spielt er sich durch die blutige Szenerie, für die sein Lieblingssatz "Blut sind Leben" steht. Gegenspielerin auf Augenhöhe ist die Britin Dolly Wells als Agatha, die sich mal cool, mal angriffslustig zeigt.

Klar, "Dracula" kann man nicht neu erfinden. Aber diese Version ist sehenswert für alle, die bedrohliche Atmosphäre lieben. Zarte Seelen sollten um diese Miniserie einen Bogen machen.

DK


Die dreiteilige Miniserie "Dracula" ist abrufbar auf Netflix.

 

Volker Bergmeister