Hirschberg
"Unsere Stärke ist die Diplomatie"

Bildungstage in Hirschberg: Reinhard Brandl spricht über Sicherheitspolitik und aktuelle Konflikte

07.02.2022 | Stand 22.09.2023, 23:38 Uhr
Zu zahlreichen aktuellen politischen Themen hat sich der Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl am Montag in Hirschberg geäußert. −Foto: F. Rieger

Hirschberg - Vom Ukraine-Konflikt über die Pandemie bis zur neuen Rolle in der Opposition: Reinhard Brandl (CSU), Bundestagsabgeordneter für unsere Region, hat am Montagvormittag auf Schloss Hirschberg thematisch einen breiten Bogen geschlagen. Der Bundespolitiker aus Eitensheim war der erste Redner bei den Bildungstagen der Katholischen Landvolkbewegung Eichstätt.

Man freue sich, unter Beachtung aller Pandemie-Regeln heuer wieder in Präsenz zusammenkommen zu dürfen, sagte die KLB-Diözesanvorsitzende Maria Weidenhiller bei der Begrüßung. Und nachdem das übergeordnete Thema der zweitägigen Veranstaltung "Was bedeutet Heimat für dich?" ist, erhoffe sie sich von Brandl einen Vortrag aus dem Kontext: "My home is my castle und die Zugehörigkeit zur Welt".

Ja, die Zugehörigkeit zur Welt - dass sich die in unserer globalisierten Welt ganz anders darstellt als noch vor einigen Jahrzehnten, das stand als eines der Grundmotive im Mittelpunkt von Brandls Vortrag. Innen- und Außenpolitik ließen sich nicht mehr trennen. Vielmehr spiele in die allermeisten Themen stets eine außenpolitische Komponente hinein. Gemäß seines thematischen Steckenpferdes ging der Abgeordnete in Hirschberg auf zahlreiche sicherheitspolitische Herausforderungen ein.

Deutschlands Rolle im Weltgeschehen: "Unsere Stärke ist die Diplomatie", so Brandl. Auf dieser Basis werde man im internationalen Geschehen in einer Führungsrolle gesehen und gebraucht - ohne "Großmachtsansprüche", sondern stets für den Frieden in der Welt eintretend. Angela Merkel habe diese Aufgabe als Bundeskanzlerin exzellent gemeistert, so Brandl. Sie sei es gewesen, die bei großen Krisen an den entscheidenden Verhandlungstischen gesessen habe.

Die Welt als "Arena": Als "großen Verhandlungstisch" verstehe man in Deutschland auch ganz allgemein das internationale politische Geschehen. Und an diesem Tisch bleibe man im Idealfall gemeinsam sitzen, bis eine für alle Seiten tragfähige Lösung gefunden ist. Das Problem sei nur: Große Akteure des Weltgeschehens würden die Welt eben nicht als Verhandlungstisch, sondern vielmehr als "Arena" für den Wettstreit um eigene Vorteile sehen. Der frühere amerikanische Präsident Donald Trump habe diesen Ausdruck geprägt und gelebt - und auch Russland und China tendieren laut Brandl stark in diese Richtung.

Ukraine-Konflikt: Das aktuell brisanteste Thema, das der CSU-Politiker in Hirschberg erörterte, war der schwelende Ukraine-Konflikt. "Wir sind dort aktuell wohl so nahe an einem Krieg wie sehr lange nicht mehr in Europa." Er sei aber überzeugt, dass es nicht zwangsläufig so weit kommen müsse - und er gehe davon aus, dass auch Wladimir Putin nicht wirklich einen Krieg wolle. Allerdings müsse man als Verhandlungspartner nun eine "diplomatische Gratwanderung" meistern: Auf der einen Seite dürfe man die eigenen Grundsätze nicht verraten - und auf der anderen Seite dürfe man Putin keinen Vorwand für eine militärische Eskalation bieten. "Die Kunst der Diplomatie ist, dass am Ende alle ihr Gesicht wahren."

Weitere Herausforderungen: "Die Bedrohung für Deutschland ist nicht mehr der Panzer, der vor der Tür steht." Mit diesem Satz fasste Brandl zusammen, dass sich die Anforderungen an die Sicherheitspolitik inzwischen vielschichtiger gestalten als in früheren Jahren. Er benannte zentrale Herausforderungen. So sei der Terrorismus noch immer eine große Gefahr, auch wenn das Thema medial aktuell etwas in den Hintergrund gerückt sei. Höchst problematisch sei ferner die Angriffsfläche, die sich bei der IT-Infrastruktur auftue: von der Stromversorgung bis zum Krankenhausbetrieb. Als weitere Herausforderungen nannte Brandl Konflikte zwischen großen Staaten, Stichwort Ukraine, und die Situation in nicht funktionierenden Staaten wie Mali. Eine Gefahr gehe auch davon aus, dass es selbst für kleinere Staaten heute leichter sei, Massenvernichtungswaffen vorzuhalten - und niemand bereit sei, abzurüsten. Damit nicht vergleichbar, aber doch dazu geeignet, eine Gesellschaft ins Wanken zu bringen, seien Beeinträchtigungen der Informations- und Handelsketten. Dass Migration gezielt als politisches Druckmittel eingesetzt werden könne, habe man jüngst am Fall Weißrusslands gesehen, so Brandl außerdem. Auch den Klimawandel sprach er an - darauf abzielend, dass ein Voranschreiten der Entwicklung irgendwann dazu führen würde, dass sehr viele Menschen aus dann kaum bis nicht mehr bewohnbaren Regionen in andere Teile der Welt fliehen würden. Und dann nannte Brandl noch eine weitere, hochaktuelle Bedrohung: Pandemie und Seuchen. Man sehe auch hier, dass unterschiedliche politische Systeme verschiedene Herangehensweisen an den Tag legen. China sei mit einem enorm harten Kurs wohl keineswegs geschwächt aus dem Ganzen herausgekommen - aber zu einem Preis, den man in einem freiheitlich-demokratischen Staat wie Deutschland nicht zahlen wolle.

IN DER UNGEWOHNTEN OPPOSITIONS-ROLLE

Noch bevor Reinhard Brandl (CSU) auf die sicherheitspolitischen Bedrohungen für Deutschland und die Welt einging, verlor er einige Worte zu der für ihn und viele Union-Fraktionskollegen ungewohnten Oppositions-Rolle. Ja, er hätte sich den Wahlausgang anders gewünscht. Aber er sei dabei, sich in der neuen Ausgangslage einzufinden - und auch Opposition könne Freude bereiten. Dass er sich für die Union in vier Jahren wieder eine "maßgebliche Regierungsverantwortung" erhoffe, daraus machte der Eitensheimer freilich keinen Hehl.

Die nächste Bundestagswahl werde aber noch nicht jetzt gewonnen - und so wünsche er sich ganz ehrlich, dass die Ampel-Koalition ihrer Aufgabe gerecht werde. Allerdings beobachte er aktuell gröbere Schwierigkeiten, in diese Regierungsrolle zu finden. Kanzler Olaf Scholz verpasse es bislang, bei wichtigen Themen wie dem Ukraine-Konflikt oder auch der Corona-Pandemie eine klare Linie vorzugeben. Zudem meldete Brandl Bedenken an, inwiefern die Regierungs-Parteien auf Basis ihrer vorwiegend urbanen Verortung den ländlichen Raum auf dem Schirm hätten. Hier sehe man insbesondere als CSU den Auftrag, der Ampel-Koalition "auf die Finger zu schauen".

(Eine allgemeine Bilanz zu den Bildungstagen folgt.)

DK

Fabian Rieger