Eichstätt
"Unsere gute Qualität darf nicht zerredet werden"

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner warnt beim Mittelstandsgespräch vor "Spekulationen" über die VW-Krise

29.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:45 Uhr

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner beim Mittelstandsgespräch mit Unternehmern und Kommunalpolitikern aus dem Landkreis Eichstätt im Spiegelsaal - Foto: aur

Eichstätt (EK) Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat die Unternehmer des Landkreises Eichstätt angesichts der VW-Krise zu Zurückhaltung ermahnt. Bei einem „Mittelstandsgespräch“ im Spiegelsaal sagte sie: „Ich warne vor Spekulationen, denn dafür ist die Situation zu ernst.“

Es müsse umfassend aufgeklärt werden, was „bei VW und ein Stück weit auch bei Audi“ passiert sei. „Aufklärung muss sein. Aber unsere gute Qualität darf nicht zerredet und kaputtgemacht werden.“

Unter diesen Vorgaben hielten sich die Teilnehmer des Mittelstandsgesprächs auch bei der Fragerunde sowie danach beim Stehempfang mit Bemerkungen zur Lage der Automobilbranche zurück.

Im Vertrauen gefragt, meinten einige Firmenchefs: „Eine Delle gibt's auf jeden Fall für die Zulieferfirmen der Region.“ Man könne nichts anderes tun als abwarten. „Der Sturm wird sich legen.“ Hohe Rückstellungen beim VW-Konzern und der eventuelle Stopp laufender Projekte würden allerdings direkt oder indirekt die ganze Region betreffen. Eine positive Auswirkung: Es könnte nun im VW-Konzern einen „Gesinnungswandel“ an der Spitze geben – mit heilsamen Auswirkungen auf das Unternehmensklima.

Wirtschaftsministerin Ilse Aigner war am Montagabend auf Einladung von Landrat Anton Knapp nach Eichstätt gekommen. Rund 100 Unternehmer, Handwerker und Vertreter der Kommunalpolitik diskutierten unter dem Motto „Perspektiven und Aussichten für die Wirtschaft im Landkreis Eichstätt“. Unter den Teilnehmern waren auch die FW-Landtagsabgeordnete Eva Gottstein, Oberbürgermeister Andreas Steppberger, der Vorsitzende des Industrie- und Handelsgremiums, Eduard Liebscher, und Kreishandwerksmeister Hermann Meier. Bei der Einladungsliste für die Firmenchefs hatte sich Kreis-Wirtschaftsförderer Georg Stark nach der Mitarbeiterzahl gerichtet.

Landrat Knapp erklärte eingangs: „Unsere Welt wird immer globaler, die Konkurrenz rückt einem – auch virtuell – immer näher. Die Probleme sind mannigfaltig.“ Dennoch sollten sich die Unternehmer davor hüten, jedem Hype und auch noch dem letzten „Supertrend“ hinterherzulaufen. Knapp bat die Wirtschaftsministerin, den völlig unübersichtlichen Förder-Dschungel auszulichten. Wichtig wäre, dort zu fördern, „wo wirklich reale Investitionen passieren“. An die Arbeitgeber gewandt hob Knapp die aktuelle Arbeitslosenquote von 1,4 Prozent im Landkreis hervor: „Das ist Ihr Verdienst.“

Ministerin Aigner lobte – erwartungsgemäß – den Landkreis Eichstätt über den grünen Klee. Binnen zehn Jahren sei die Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten hier um 33 Prozent gestiegen (in Oberbayern sind es 22, in ganz Bayern 18 Prozent). Bei der Wirtschaftsförderung sei der Landkreis stark: Zehn Prozent aller Fördermittel, die das Wirtschaftsministerium nach Oberbayern gebe, gingen in den Landkreis Eichstätt. „Ich finde das sehr beachtlich.“

Kurz sprach Aigner das Thema Asyl an: „Es kann nicht unendlich so weitergehen“, sagte sie, „weil das dann in die Integrationsmöglichkeiten eines Landes zu weit eingreift.“ Sie als Wirtschaftsministerin sei „sehr zurückhaltend“ bei Aussagen, „ob mit Flüchtlingen tatsächlich das Fachkräfteproblem zu lösen ist.“ Das Problem müsse in den Herkunftsländern angepackt werden.

Bayerns Bildungssystem ist für Aigner über jeden Zweifel erhaben: „Alle Wege stehen offen“, sagte sie zur Durchlässigkeit. Man müsse den Eltern klarmachen, dass in der vierten Klasse nicht die Entscheidung fürs ganze Leben fällt. Noch in diesem Herbst starte übrigens eine Imagekampagne für eine handwerkliche Ausbildung – gezielt an die Eltern gerichtet. Zuletzt appellierte sie an die Unternehmer, das Thema Digitalisierung auf keinen Fall zu unterschätzen. Bayern sehe diese als zentrales Zukunfts- und Forschungsthema an.

Zum Besuch gehörten auch der Eintrag ins Goldene Buch des Landkreises und die Überreichung einer Qualitäts-Urkunde (Flachdachbau) an die Xaver Eckstein GmbH aus Kösching.