Roth
"Unser wichtigstes Handwerkszeug ist die Lupe"

Oliver Fünfgelder ist einer von zwei mittelfränkischen B-Kampfrichtern im Bogenschießen - Er bangt um die Zukunft seiner Zunft

18.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:30 Uhr
Cornelia Hardenberg
Genaues Hinsehen erforderlich: Mit der Lupe prüft Oliver Fünfgelder die Pfeile. Diese sieht er sich aus allen Richtungen an, bevor er eine Entscheidung trifft. Denn kniffelig wird es vor allem dann, wenn sich die Pfeile alle in der Mitte drängen. −Foto: von Hardenberg

Roth - "Wenn wir aufhören, dann kann es hier in Mittelfranken keine offiziellen Wettkämpfe mehr geben.

 

" So nüchtern bewertet Oliver Fünfgelder, Bogensport-Abteilungsleiter der SpVgg Roth, die aktuelle Situation des Bogenschießens in der Region. Auch wenn der Bogensport nach wie vor als Trendsportart gilt und immer mehr Zulauf erhält: Im Augenblick lastet die komplette Kampfgericht-Verantwortung auf seinen Schultern und denen seines Kollegen Benjamin Reissinger aus Pleinfeld.

Dabei bietet die Ausübung des Kampfrichterjobs jede Menge Spannung und Faszination. Fünfgelder weiß, wovon er redet, denn er übt diesen Job gleich in zwei Sportarten aus. Bis vor einigen Jahren selbst aktiver Turniertänzer, ist er einer von vier Turnierleitern des Franken-Dance-Festivals und immer noch bei einigen Veranstaltungen im Jahr als Wertungsrichter im Einsatz. "Mit meiner Lizenz könnte ich das immer noch in ganz Deutschland ausüben, aber das wäre mir zu viel. " Denn schließlich hat er sein Herz inzwischen an den Bogensport verloren. Los ging es 2010 in Griechenland in einem Ferienclub. Nach vierzehn Tagen mit zweimal zwei Stunden Bogenschießen packte ihn und seine Frau Sabine das Bogenfieber. Sie fingen im Schützenverein Belmbrach an, zogen dann sportlich zur SpVgg Roth um und bauten innerhalb von ein paar Jahren eine der größten Bogenabteilungen Mittelfrankens auf. 2011 machte Oliver Fünfgelder, im Hauptberuf IT-Abteilungsleiter in Nürnberg, seinen Vereinsübungsleiter-Schein und hatte danach immer noch das Gefühl, viel zu wenig über die Regeln des Bogensports zu wissen. Auch heute noch erlebt er immer wieder: "Man lernt nie aus. "

So gab es beispielsweise bei den bayerischen Hallenmeisterschaften 2019 in Augsburg ein Stechen und die beiden anwesenden A-Kampfrichter entschieden, dass nach den ersten Pfeilen bei Ringgleichheit sofort gemessen wurde. "Das war aber falsch. Erst nach den zweiten Stechpfeilen hätte gemessen werden dürfen. " Dass es bei Wettkämpfen fair und korrekt zugeht, ist ihm ein großes Anliegen. Und es begeistert ihn, hautnah mitzubekommen und mitzufiebern, wie sich die Topschützen auf hohem Niveau duellieren.

Neben der korrekten Ausschreibung und der Gerätekontrolle ist es eine der Hauptaufgaben des Bogen-Kampfrichters, in Zweifelsfällen über die Ringzahl zu entscheiden: Kratzt der Pfeil noch die Linie an - oder eben nicht? "Unser wichtigstes Handwerkszeug ist dabei die Lupe. Und wir schauen uns die Pfeile aus allen Richtungen an, bevor wir entscheiden. " Das ist manchmal gar nicht so einfach, vor allem wenn es um die Pfeile ganz oben geht. "Da haben größer gewachsene Kampfrichter eindeutig die besseren Karten. " Knifflig ist die Entscheidung vor allem bei den Topschützen, wenn sich die Pfeile alle in der Mitte ballen und gegenseitig berühren. "Anfassen dürfen wir die Pfeile nicht, das wäre ein Regelverstoß. "

Alle Regeln beim Bogenschießen parat zu haben, ist fast unmöglich: Es gibt sowohl das deutsche Regelwerk als auch das der WA (World Archery). Nach welchem Regelwerk bewertet wird, hängt immer von der Ausschreibung ab. Man muss also beide Regelwerke kennen. Vier unterschiedliche Disziplinen sind zu unterscheiden: Die Hallenwettkämpfe mit einheitlichen 18 Metern Entfernung, die Freiluft-Wettkämpfe mit - alters- und bogenbedingten Unterschieden von 30 bis 70 Metern -, die Feldbogenwettbewerbe und die 3-D-Disziplin. Und dann sind da auch noch die unterschiedlichen Bogenarten: Compound, Blankbogen und der olympische Recurve-Bogen. Immer gibt es unterschiedliche Entfernungen und Auflagen für die einzelnen Schützinnen und Schützen.

"Die Regeln dahinter faszinieren mich immer wieder neu", antwortet Oliver Fünfgelder, der selbst vor allem in der Compound-Klasse schießt, auf die Frage, was ihm an seinem Kampfrichterjob so viel Freude macht. "Doch vor allem ist es die Liebe zum Bogensport. Ohne Kampfrichter sind einfach keine fairen und korrekten Wettkämpfe möglich. Ich sehe mich als Dienstleister für die Schützen. " Er weiß, dass es für jede Sportart immer Motoren braucht, die die Maschinerie in Gang bringen und am Laufen halten. Er selbst ist gerne ein solcher Motor. Und er hofft darauf, dass sich bald weitere Mitstreiter finden, die als Kampfrichter mit dazu beitragen, "dass wir den Schützen ihren Sport ermöglichen. "

HK

Sind Sie interessiert daran, mehr zu erfahren oder als Bogen-Kampfrichter aktiv zu werden? Oliver Fünfgelder freut sich auf Ihre E-Mail: info@bogen-roth. de.

Cornelia Hardenberg