Pondorf
"Uns holt man, wenn Andere aufgeben"

13.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:41 Uhr
In der Startgrube kontrollieren die Arbeiter die Tiefe des Bohrers. −Foto: Ammer

Pondorf (DK) Der Boden vibriert. Wer darauf steht, spürt die Kraft, die da in der Tiefe gerade wirkt. Knapp vier Meter weiter unten im Boden frisst sich langsam ein Bohrkopf durch den Stein. 3,8 Meter misst die Startgrube in der Tiefe. So weit im Boden wird die neue Wasserleitung, die Teil der Sanierung der ehemaligen Pondorfer Gruppe ist, verlegt.

Um auf diese Tiefe zu kommen, muss der Bohrer 30 Meter weiter hinten ansetzen, schließlich kann er nicht gerade nach unten bohren und dann im rechten Winkel unter der Straße hindurch - es muss vielmehr ein langsames Tiefergehen sein. Wie über eine Rampe, die nach unten führt. In der sogenannten Startgrube, die knapp vor der zu unterquerenden B299 liegt, prüfen die Arbeiter nach, ob der Bohrer auch wirklich die nötige Tiefe erreicht hat. Am Grund der Grube dreht sich das Gestänge langsam in den Fels hinein.

Bohrmeister Andreas Kürbis zeigt den Bohrkopf für die Pilotbohrung, also die erste Unterquerung der Straße. Seine noppigen Rollen fräsen sich durch das Gestein, ganz langsam. Über vier Stunden habe dieser erste Schritt gedauert, erzählt Kürbis. Anschließend wird dieser erste Gang aufgeweitet mit immer größer werdenden Bohrköpfen, sogenannten Aufweitköpfen. Die losen Teile, die der Bohrer von den Tunnelwänden abträgt, werden nach hinten herausgeschwemmt. Zusammen mit der Bohrflüssigkeit, in die Betonit also gemahlener Ton gemischt wird. Durch diesen wird der Tunnel stabilisiert, damit er nicht über dem Bohrer einstürzen kann.

Für die Arbeiten in Pondorf ist eine Felsbohranlage notwendig, wie die sie Lauinger Firma hat. "Uns holt man, wenn Andere aufgeben", beschreibt Andreas Kürbis. Riesige Felsbrocken haben sie beim Ausbaggern aus dem Startloch geholt - und auch aus dem Loch auf der anderen Seite der Straße - dort, wo der Bohrer dann ankommen soll. Ein Gestänge der schweren Gesteinsbohrmaschine misst 4,5 Meter - ist es im Boden verschwunden montiert die Maschine selbst das nächste Gestänge an den Bohrer. 155 Meter können auf diese Weise am Stück gebohrt werden. So viel ist in Pondorf nicht notwendig - zu den 30 Metern Rampe über die der Bohrer auf die nötige Tiefe kommt, kommen 27 Meter Unterquerung der Straße.

Die Maschine bedient Christian Gärtner, der im Führerhäuschen sitzt. Über Bluetooth bekommt er alle nötigen Daten auf einen Bildschirm übermittelt. So hat er alles genau im Blick. Im Rockmaster - dem Felsbohrkopf - ist ein Sondenfach, mit dem dieser geortet wird, sodass die Arbeiter jederzeit genau wissen, wo sich der Bohrkopf befindet.

Normalerweise ist eine Straßenunterquerung eine Arbeit für einen oder zwei Tage, sagt Andreas Kürbis, doch hier sei der Untergrund so felsig, dass es länger dauert. Am Rand liegen bereits die Schutzrohre, die dann in den Bohrkanal eingezogen werden. Ein Drittel größer muss der Durchmesser des Kanals sein, als der des Schutzrohrs. Dort hinein wird dann die eigentliche Wasserleitung geschoben - damit sie nicht durch eventuelle Steine im Bohrkanal aufreißt.

Ist der Kanal breit genug, wird das Produktrohr, also das Schutzrohr für die Wasserleitung an einer sogenannten Glocke durch den Kanal hinterhergezogen.

Seit elf Jahren arbeitet Andreas Kürbis als Bohrmeister bei der Spezialtiefbaufirma aus Launingen. Er weiß: "Keine Bohrung ist wie die andere." Etwas, das ihn an dem Beruf fasziniert. Dabei muss er viel Wissen mitbringen - vor der Bohrung müssen Kabel und Leitungen, eventuell sogar Gasleitungen genau lokalisiert werden. "Es kann viel passieren", sagt Kürbis. Die Erfahrung ist wichtig. Auch für die Flüssigkeit, die den Bohrkopf umspült gibt es eigene Schulungen - je nach Bodenbeschaffenheit und Tongehalt muss diese speziell angemischt werden. Andre Rein ist in Pondorf mit dieser Aufgabe betraut. "Man muss den Bohrtunnel zum Halten bekommen", beschreibt Kürbis.

Bei Wind und Wetter sind die Männer draußen - nur im Winter gibt es eine Pause, dann arbeiten sie in der Halle, richten die Maschinen her, nehmen Wartungsarbeiten vor. Bei Minusgraden können sie nämlich keine Leitungen einziehen. Doch im Frühjahr dann geht es wieder los. Nicht nur an vielbefahrenen Straßen sind sie im Einsatz, sondern auch an Zugstrecken, die nicht einfach so aufgerissen werden können, sondern besser untergraben werden für neue Leitungen oder auch an Flüssen beispielsweise. Dann ist Andreas Kürbis für seine Messungen und Berechnungen im Boot unterwegs.

Mit einem Gurgeln schiebt sich der Bohrkopf in Pondorf zurück in die Startgrube. Autofahrer schauen neugierig zu den großen Maschinen herüber, die sich da am Straßenrand zu schaffen machen. Die neue Wasserleitung wird noch verschweißt mit einem großen Schweißspiegel, dann wird sie eingezogen. Schon bald wird die Leitung die Häuser der ehemaligen Pondorfer Gruppe mit Trinkwasser versorgen - ganz ohne, dass die Bundesstraße hätte aufgerissen werden müssen.