Haar
Unkonventionelle Lebensentwürfe

Jeff Baron hat eine Fortsetzung von "Besuch bei Mr. Green" geschrieben: "Mischpoke" feiert heute am Kleinen Theater Haar Welturaufführung

04.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:54 Uhr

Ungewöhnliche Freundschaft: Ross wird von Joachim Aßfalg gespielt, Mr. Green von dem Ingolstädter Schauspieler Dirk Bender - Foto: ahl

Haar (DK) „Besuch bei Mr. Green“ wird eher selten im deutschsprachigen Raum gespielt. In Bayern ist die Titelrolle offensichtlich fest in der Hand Ingolstädter Schauspieler. In Haar spielt Dirk Bender in der brandneuen Fortsetzung, im Altstadttheater Ingolstadt Werner Schnitzer im ersten Teil den kauzigen Juden.

Entspannt sitzt der Autor im Kleinen Theater in Haar bei München und macht sich Notizen. Jeff Baron spricht kein Deutsch, scheint die Voraufführung seines Werks „Mischpoke – Neuer Besuch bei Mr. Green“ aber dennoch in vollen Zügen zu genießen. „I like it“, sagt er schmunzelnd in der Pause. Es gefällt ihm. Die Sprache? Kein Problem für den Amerikaner, „I know my plays“. Er weiß offenbar auswendig, was wer wann sagt, ein wenig hilft die Technik einer Simultanübersetzung. Vorrangig geht es ihm um Mimik, Gestik, den Gesamteindruck. Sein Stück einmal gespielt zu sehen, war dem New Yorker so wichtig, dass er sich eine ganze Woche Zeit genommen hat, um den letzten Feinschliff des Jungen Schauspiel Ensembles München zu begleiten. Schließlich findet heute Abend im Kleinen Theater die Welturaufführung statt.

Um fünf Jahre gealtert ist Dirk Bender nun im Vergleich zu Ross’ (Joachim Aßfalg) erstem „Besuch bei Mr. Green“, der in Haar bereits im vergangenen Jahr sehr erfolgreich lief, seit Oktober im Ingolstädter Altstadttheater und ab März auch wieder in Haar zu sehen ist. Nicht nur älter ist Mr. Green geworden, auch versöhnlicher. Der alte Grantler hat den homosexuellen Ross, der einst gerichtlich dazu verurteilt worden war, sich um den von Verwahrlosung bedrohten Mann zu kümmern, mittlerweile als fürsorglichen Freund akzeptiert. Alltag ist eingekehrt. Vorbei der köstlich-trockene verbale Schlagabtausch zwischen den beiden aus dem ersten Teil. Ein neuer Konflikt muss her. Den bringen zwei zusätzliche Figuren ins Spiel, aus dem Zweipersonenstück wird ein Vierpersonenstück. Chris (Ruben Hagspiel), Ross’ Lebenspartner – zugleich Mr. Greens Krankenschwester – möchte ein Kind adoptieren, doch Ross plagen Zweifel. Mr. Green versucht zu vermitteln. Seine Enkelin Chana (Anna März), obwohl nicht im jüdischen Glauben aufgewachsen, dennoch mittlerweile deutlich orthodoxer als ihr Großvater, hat dagegen ihre Probleme mit dem schwulen Paar. Durch sie tritt die Religion in den Vordergrund.

Wenn es nach dem Autor allein gegangen wäre, hätte es gar keine Fortsetzung der Komödie gegeben, die unter anderem in New York, Paris und Wien Erfolge feierte. In Wien mit Fritz Muliar in der Hauptrolle, und der war auch Anlass für den Nachfolgeauftrag an Baron. „Mischpoke“ sollte ein Geburtstagsgeschenk zum 90. des großen österreichischen Mimen werden. „Er war ein genialer Mr. Green“, sagt Baron. Doch Muliar starb im Mai 2009, ein halbes Jahr vor seinem 90. Geburtstag. Heute Abend wird Baron Gast der Uraufführung in Haar sein.