Eichstätt
Unglücke verarbeiten

Der Kriseninterventionsdienst betreut Menschen in Extremsituationen

08.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:35 Uhr
Johanna Umbach
Hilft den Menschen: Fachdienstleiter Michael Dremel. −Foto: Umbach

Eichstätt (EK) Bei Suizid, tödlichen Verkehrsunfällen, Gewaltdelikten, Raub oder Mord sind sie die ersten Anprechpartner für Angehörige oder Betroffene: Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Kriseninterventionsdienst im Landkreis Eichstätt (KiD). Es wird für die Organisationen immer schwerer, neue Kollegen zu finden, sagt Fachdienstleiter Michael Dremel.

Sie helfen den Betroffenen oft noch am Ort des Unglücks, das Geschehene zu realisieren und dadurch erst ein eigenständiges Verarbeiten möglich zu machen. "Wir unterstützen die Menschen, wieder handlungsfähig zu werden. Zum Beispiel ermöglichen wir Angehörigen, sich von einem Verunglückten zu verabschieden und zu begreifen, was passiert ist. Erst dann kann man gemeinsam überlegen, wie es weitergeht, was die nächsten Schritte sind", sagt Fachdienstleiter Michael Dremel. So vermeide man, dass die Betroffenen später an posttraumatischen Störungen leiden. Der KiD ist eine Art Bindeglied zwischen Einsatzkräften und den Betroffenen, die oft überfordert oder traumatisiert sind. Wie eine psychosoziale Ersthilfe begleitet sie die Menschen bis zu acht Stunden nach einem traumatischen Erlebnis.

"Oft werden wir gefragt, wieso wir uns diesen schweren Job antun", sagt Dremel. "Aber wir merken, dass wir den Menschen wirklich helfen können. Mit ganz einfachen Mitteln können wir die Betroffenen wieder auf die Schiene heben und sehen bei ihnen eine Wesensveränderung. Das macht einen Unterschied bei den Menschen und ihre Dankbarkeit nehmen wir mit."
 

Den Kriseninterventionsdienst gibt es in seiner heutigen Form bereits seit 2003. Als Arbeitsgemeinschaft hatten ihn das Bayerische Roten Kreuz, der Malteser Hilfsdienst, das THW, die Feuerwehren sowie die Katholische und Evangelische Kirche ins Leben gerufen und betreiben ihn mit ihren ehrenamtlichen Mitarbeitern. Die Alarmierung des KiD erfolgt über die integrierte Rettungsleitstelle. 365 Tage im Jahr steht das Team der Bevölkerung im Landkreis zur Verfügung. Ein Einsatzteam besteht aus zwei ausgebildeten Helfern, die auch auf Anfrage in den Nachbarlandkreisen eingesetzt werden. Im Jahr 2017 hat der KiD Eichstätt 687 Personen betreut. Die Ausbildung dauert eineinhalb bis zwei Jahre und beinhaltet Theorie-Blöcke sowie ein anschließendes Praktikum mit Einsätzen. Derzeit sind 26 KiD-Helfer im Landkreis Eichstätt im Einsatz.

Es wird immer schwerer, Ehrenamtliche zu finden, sagt Dremel: "Schwierig sind für Viele die zwölfstündigen Bereitschaftsdienste, einer von 8 bis 20 Uhr, der andere von 20 bis 8 Uhr. Die meisten Menschen arbeiten oder haben Familie und können nicht für so viele Stunden auf Abruf sein." Zur Zeit können noch alle Bereitschaftsdienste vergeben werden, aber um den Dienst auch in Zukunft anbieten zu können, brauche es Nachwuchs. Interessierte müssen Mitglied bei einer der beteiligten Hilfsorganisationen sein, mindestens 23 Jahre alt und von guter psychischer Gesundheit sein: "Wir brauchen Leute, die mit beiden Beinen im Leben stehen und etwas Zeit haben", so Dremel. Nach einem Vorgespräch und einer Auswahl können die Interessenten den Lehrgang durchlaufen und Teil des Kriseninterventionsteams werden.
 

Johanna Umbach