Wolnzach
Ungetrübter Naturgenuss

Nach Expertenauskunft geht vom Pflanzenschutz im Hopfenbau keine Gefahr für Spaziergänger aus

16.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr

Kinder und Erwachsene genießen gerne Touren durch die Hallertauer Hopfenlandschaft. Laut Pflanzenschutzfachmann Johann Portner vom Amt für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung können sie das auch bei laufendem Hopfenspritzen ohne Bedenken. - Foto: Markt Wolnzach

Wolnzach (WZ) Die hügelige Landschaft, der in vollem Saft stehende Hopfen - die Hallertau zieht Spaziergänger und Radfahrer an. Aber was ist, wenn man bei einem Ausflug in den Sprühnebel einer Hopfenspritze gerät? Antworten auf diese Frage sucht eine Leserin unserer Zeitung schon recht lange.

Sie ist hier aufgewachsen, lebt in einem kleinen Dorf mitten in der Hallertau. "Ich bin keine Zugereiste." Sie mag die Natur, die Menschen, das dörfliche Leben, die Nähe zueinander. Und trotzdem ärgert sie sich: "Ich habe überall schon angerufen und sogar mit unserem Landrat in einer Bürgersprechstunde schon geredet, herausgekommen ist aber nichts", sagt die 45-jährige Mutter von zwei Kindern. Sie fühlt sich nicht ernst genommen mit ihren Fragen, die sie schon sehr lange beschäftigen: "Ich habe schon mit meinen Kindern eine Sprühnebeldusche bekommen, wenn ein Bauer seinen Hopfen spritzt", erzählt sie unserer Zeitung. "Aber ob das gefährlich ist, das wollte mir bisher keiner sagen."

Viele stellen sich diese Frage, da ist sie ganz sicher. Denn wenn die Hopfenbauern mit ihren Hopfenspritzen ausrücken, muss es trocken sein, ist oft auch Cabriowetter. "Was passiert mit der Haut, was beim Einatmen, was mit meinem Obst und meinem Gemüse im Garten, wenn das der Wind herübertreibt? Gesund ist das bestimmt nicht", fragt sie sich - und schiebt gleich eine Erklärung nach: Freilich wisse sie, dass sich heute im Vergleich zu früher viel getan habe im Pflanzenschutz, was die Art der verwendeten Mittel, den Zeitpunkt des Ausbringens, die Kompetenz der Landwirte und auch die verwendete Technik betrifft. Umso mehr sei sie erstaunt, dass sie mit ihren Fragen bislang immer abgeblockt worden sei - und hat sich deshalb jetzt an die Zeitung gewandt. "Ich möchte einfach nur Antworten haben und mich nicht mit einem ,Das ist hier halt so' zufriedengeben."

Johann Portner, Leiter der Arbeitsgruppe Hopfenbau und Produktionstechnik am Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft möchte Antworten geben, denn es gäbe nichts zu verbergen. Im Gegenteil: "Alle Pflanzenschutzmittel durchlaufen ein strenges Zulassungsverfahren, bevor sie auf den Markt gelangen", erklärt er. "Verschiedene Institutionen stellen sicher, dass die Mittel unschädlich für Mensch und Tier, aber wirksam gegen Pflanzenkrankheiten, Schädlinge oder Unkräuter sind." Pflanzenschutz sei eine anspruchsvolle Aufgabe, für die der Landwirt Zeit und Geld einsetze. Portner: "Auch so gesehen hat er natürlich auch ein Interesse daran, so viel wie nötig und so wenig wie möglich auszubringen."

Gerade im Hopfenbau würden Pflanzenschutzmittel nicht willkürlich, sondern nach den Vorgaben des Integrierten Pflanzenschutzes ausgebracht. Was das bedeutet, erklärt Portner so: Vor dem Griff zu teuren Pflanzenschutzmitteln stehe die Vorbeugung, dann müssten die Kulturen regelmäßig zur Früherkennung beobachtet werden und ein Termin zur Bekämpfung nach dem Schadschwellenprinzip - der zu erwartende Schaden müsse also größer sein als die Kosten durch die Bekämpfung - festgelegt werden.

Sichere und schonende Wirksamkeit müssten sichergestellt sein, im Hopfenbau gäbe es dazu spezielle Warnstufen und Spritzaufrufe. "Hier wird mit größtem Bedacht vorgegangen", beteuert der Fachmann. Schließlich dürften nur kundige Landwirte überhaupt Pflanzenschutzmittel ausbringen: "Ein Sachkundenachweis ist Pflicht - und der muss alle drei Jahre aufgefrischt werden." Für die Bedenken unserer Leserin hat er aber Verständnis und weiß: "Es gibt viel Unsicherheit und wenn man dann auch noch keine Antworten bekommt, wird man halt skeptisch."

Deshalb gibt er Antworten, auch auf die Frage, was mit dem Sprühnebel ist: Erstens dürfte das mittlerweile längst die Ausnahme sein, entsprechende Technik und Düseneinstellungen beim Spritzen gerade im Randbereich seien die Vorgabe. Auch seien die Hopfenpflanzer dazu angehalten, beim Randspritzen auszuschalten, wenn ihnen Spaziergänger oder Radfahrer auffallen. "Aber natürlich kann es vorkommen, dass beispielsweise bei Wind jemand etwas abbekommt, wenn auch eher sehr selten", meint er. Eine akute Gefährdung - etwa beim Einatmen - schließe er jedoch in diesem Ausnahmefall aus.

Und was die Abstandsflächen von Hopfen zur Wohnbebauung betrifft, so verweist er auf eine Empfehlung aus den 1990er Jahren an die Bauleitplanung: Demnach sollte bei geplanter Wohnbebauung ein Mindestabstand von 50 Metern beziehungsweise 25 Metern mit Schutzbepflanzung eingehalten werden. Die jüngere Rechtsprechung allerdings berücksichtigt laut Portner die fortgeschrittene Applikationstechnik beim Hopfenspritzen mit Verringerung des Mindestabstands auf 20 Metern. Jedoch: "Im umgekehrten Fall gibt es keine offizielle Empfehlung", erklärt er. Die Hopfenberatung allerdings weise Hopfenpflanzer bei der Neuanlage von Hopfengärten darauf hin, ausreichende Abstände zu bestehender Wohnbebauung einzuhalten - und vor dem Hopfenspritzen mit den Nachbarn zu reden.

Für die betroffene Leserin allerdings ist das ein schwacher Trost, wie sie sagt: Eigentlich wollte sie in ihrem Garten alles biologisch anbauen: "Aber mit dem Sprühnebel vom Hopfengarten geht das ja nicht mehr."