Ungeheures Temperament der Streicher

02.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:22 Uhr

Das Del’Arte Streichquartett (v.l.) Viktor und Alexander Konjaev (beide Violine), Nodar Ivanija (Viola) und David Tskhadaja (Violincello). - Foto: Hammerl

Schrobenhausen (SZ) Das bekannteste Musikstück des Abends verbirgt sich hinter der Satzbezeichnung Poco Adagio. Hier schwelgt das Del’Arte Streichquartett in facettenreichen Variationen des zweiten Satzes aus Haydns Kaiserquartett, heutzutage besser bekannt als deutsche Nationalhymne.

Als "doppelte Recycling-Veranstaltung" bezeichnet Schulreferent Klaus Englert das Auftaktkonzert der diesjährigen Konzerte im Pavillon der Musikschule Schrobenhausen. Recycling insofern, als das Del’Arte Streichquartett bereits vor 18 Jahren das allererste Pavillonkonzert bestritt. Damals hatte Englert ebenfalls die Moderation übernommen – als Kulturreferent der Stadt und Mitinitiator.

Seine Bilanz fällt positiv aus, 75 Abos wurden verkauft, eine erfreuliche Zahl, die er allerdings leicht relativiert, denn im Vorjahr waren es noch 80. Wo die fünf fehlenden abgeblieben seien, will er noch eruieren, und verbindet die Ansage gleich mit einer Vorwarnung an die Konzertbesucher: "Sollten Sie Ihr Abo nächstes Jahr nicht mehr haben wollen, machen Sie sich gefasst – wir kommen und fragen nach".

Fünf Abos hin oder her – das Streichquartett und Musikschulleiter Rainer Maier, der das Ensemble als Klarinettist verstärkt, können sich über ein nahezu ausverkauftes Haus freuen.

Ebenfalls aus der Zeit Kaiser Franz I. von Österreich stammen die Werke des tschechischen Komponisten Franz Krommer. Sein Quintett für Klarinette und Streichquartett folgt in beschwingter Leichtigkeit der Tradition Mozarts und Haydns, lässt aber auch – typisch für Krommer, der gern ungarische Elemente einarbeitete – zeitweise ungeheures Temperament der Streicher erkennen, die sich in lebhaftem Dialog mit Maiers Klarinette austauschen. Die Melodiestimme wechselt munter hin und her, Frage und Antwortspiel steigern sich zu purem Musikgenuss, der gar mit Bravorufen belohnt wird. Unzweifelhaft eine immense Steigerung zu Mozarts Divertimento, das sich zuvor als zwar perfekt dargebotener Auftakt, aber doch eher braves Stück Kammermusik erwiesen hat.

Nach der Pause erfreut Haydns Kaiserquartett in beschwingtem Allegro, dem bereits erwähnten Poco Adagio, einem fidelen, dann wieder in langsame, gefühlvolle Passagen wechselnden Allegro Menuett sowie dem prägnanten Finale Presto.

Als letzten Höhepunkt des Abends präsentieren Viktor und Alexander Konjaev (beide Violine), Nodar Ivanija (Viola) und David Tskhadaja am Violincello sechs Weisen aus ihrer georgischen Heimat, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Das temperamentvolle, zum Teil gezupfte Indi-Mindi macht den Auftakt, gefolgt von einer sanften Melodie, die nur mit "Lied" überschrieben ist. Verspielt geben sich die grandios aufspielenden Mitglieder des Georgischen Kammerorchesters Ingolstadt im Schäferlied und machen gleich darauf Laune mit dem witzigen, rein gezupften "Spaß". Wunderschön in seiner ergreifenden und eingängigen Melancholie das kleine Lied von Suliko, deren Grab der Liebste sucht. Fast schon zu hart ist hier der Wechsel zum abschließenden "Satschidao", das entfernt an Synthesizerklänge erinnert und beim ein oder anderen Zuhörer ein Stirnrunzeln hervorruft.

Versöhnend und wohltuend wirkt da die Zugabe, für die sich Musikschulleiter Rainer Maier wieder zu den Streichern gesellt. Ob auf "so wunderbare Volksmusik" etwas Klassisches passt, bezweifelt er zwar ein wenig, tröstet sich dann aber mit der Aussage: "Mozart war Volksmusik in Reinkultur" – jedenfalls zu seiner Zeit. Mit einem nur fragmentarisch erhaltenen Menuett des Salzburger Wunderkindes, ergänzt von Robert Levin, verabschieden sich die fünf Musiker nach einem wunderschönen Konzertabend.