Reichertshofen
Ungarische Herkunft

Hobby-Historiker schrieb Heimatbuch

14.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:54 Uhr

Reichertshofen (zur) Integrieren könne sich nur, wer seine Wurzeln, seine Identität nicht vergisst. Davon war Paul Stenger überzeugt. Der inzwischen verstorbene Schwager von Theresa Stenger (siehe Bericht oben) gehörte auch zu jenen Vertriebenen, die am 12. Juni 1946 in Reichertshofen landeten. Und um ihnen den Kontakt zu eben jenen Wurzeln zu ermöglichen, sammelte er Material für ein dickes Buch voller Fakten über das ungarische Dorf Dunakömlöd (Kimling), aus dem sie alle stammten. 1989 wurde es erstmals veröffentlicht, 1994 erschien es in zweiter Auflage.

Der Begriff „Heimat“ war mehr als ein nostalgischer Begriff für den Hobby-Historiker Paul Stenger. Er machte für ihn offensichtlich das Wesen eines Menschen aus und deshalb war es für ihn wichtig, ihn mit Leben zu füllen. Auch dann, wenn man sozusagen „eine doppelte Heimat“ hat, wie die Deportierten damals und die Asylanten heute. Für Stenger, das macht sein „Heimatbuch Dunakömlöd“ auf jeder Seite deutlich, geht es um Identität und Selbstverständnis. Die Botschaft, die dem Leser mit dem Werk vermittelt werden soll, ist klar und lässt sich vielleicht im Bild eines Baumes fassen: Selbst wenn er verpflanzt wird, werden ihm die Wurzeln, die er in der Jugend entwickeln durfte, Kraft geben, auch in einem neuen Boden zu gedeihen. Werden die Wurzeln aber zu radikal gekappt, dann verkümmert das Gewächs.

Der Autor des Heimatbuches war es auch, der die ersten Treffen der deutschen Vertriebenen mit den Bewohnern von Dunakömlöd organisierte, die in dem ungarischen Dorf geblieben oder später wieder dorthin zurückgekehrt sind.

Paul Stengers Witwe Irmgard hütet ein ganzes Wandregal voller Aktenordner, in denen akribisch alle mit dem Austausch zusammenhängenden Fakten erfasst sind. Dabei geht es unter anderem um die Eingemeindung seines Heimatortes Dunakömlöd in die Stadt Paks. Die vielen Zusammenkünfte seit dem ersten Festakt in der Paarhalle im Jahr 1981 sind ebenfalls in Wort und Bild festgehalten.

Und natürlich sind auch die Ereignisse notiert, die am 30. November 1989 zur Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde zwischen Paks und dem Markt Reichertshofen führten. Noch heute hängt das Original, das von Joseph Rothe kalligrafisch gestaltet und vom damaligen Reichertshofener Bürgermeister Hans Hammerl sowie dessen ungarischem Amtskollegen Péter Jákli unterzeichnet wurde, im Büro des Hauses Stenger.

Irmgard Stenger, die selber aus der Rhön stammt, freut sich bereits auf die Feier zum 25-jährigen Bestehen der Partnerschaft zwischen Reichertshofen und Dunakömlöd. Denn ebenso wie ihr verstorbener Mann ist sie überzeugt: „Der Kontakt unserer Kommunen ist kulturell und menschlich eine Bereicherung für beide Seiten“.