Unfreiwilliger Unruhestand

09.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:35 Uhr

Ebbe im Portemonnaie: Immer mehr Senioren im Landkreis Kelheim werden künftig mit Mini-Jobs ihre Rente aufbessern müssen – das prophezeien die Gewerkschaften ver.di und NGG. Sie fordern deshalb einen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 und später neun Euro pro Stunde. Nur der Mindestlohn biete die Chance, später mit der Rente besser über die Runden kommen. - Foto: oh

Riedenburg/Kelheim (DK) Im Landkreis Kelheim müssen immer mehr Senioren arbeiten. Sie sind zum Jobben gezwungen, weil ihre Rente nicht reicht. Darauf machen die Gewerkschaften ver.di und NGG aufmerksam. Sie sprechen von einer "alarmierenden Entwicklung".

In einer gemeinsamen Pressemeldung nennen die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" (NGG) folgende Fakten: In den vergangenen Jahren habe die Zahl der Rentner mit Mini-Jobs im Landkreis Kehlheim um rund 16 Prozent zugenommen. Schon im Jahr 2003 verdienten 875 Rentner durch eine geringfügige Beschäftigung dazu. Vier Jahre später gab es bereits 1015 Renten-Jobber – und damit 140 Senioren-Arbeiter mehr. Ver.di und NGG berufen sich bei ihrer Veröffentlichung auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.

Um diese Entwicklung zu stoppen, fordern die beiden Gewerkschaften die schnelle Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 7,50 Euro pro Stunde. Dieser müsse dann jedoch rasch auf neun Euro steigen. Nur der Mindestlohn könne künftigen Rentnern ausreichende Altersbezüge sichern, unterstreichen die beiden Gewerkschaften.

"Wer als Rentner arbeitet, der macht das in der Regel nicht aus Spaß. Es ist meistens die pure Not, die ältere Menschen dazu zwingt. Sie sind auf den Job neben der Rente schlichtweg angewiesen", sagt Kurt Haberl. Der Geschäftsführer der NGG-Region Niederbayern befürchtet, dass die Zahl der Senioren, die von ihrer Rente allein nicht mehr leben können, in den kommenden Jahren drastisch zunehmen werde. "Wer heute schon zu wenig verdient, um über die Runden zu kommen, für den ist das leere Portemonnaie im Alter vorprogrammiert", sagt Haberl. Er fasst die Situation wie folgt zusammen: Die Lohnarmut von heute sei die Altersarmut von morgen.

"Das größte Problem dabei sind Dumpinglöhne. Mit einem viel zu niedrigen Einkommen lässt sich keine existenzsichernde Rente aufbauen – von einer privaten Altersvorsorge ganz zu schweigen", sagt Linda Schneider, die Geschäftsführerin des ver.di-Bezirks Niederbayern. Sie macht deutlich, dass Vollzeitbeschäftigte ein Einkommen benötigten, das ihnen später auch eine ausreichende Rente sichere.

"Genau deshalb brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn", erklärt Kurt Haberl. Auch eine Mehrheit der Bevölkerung halte einen gesetzlichen Mindestlohn für erforderlich. Dies könne die neue schwarz-gelbe Bundesregierung nicht ignorieren. Der Mindestlohn müsse ganz oben auf der politischen Tagesordnung stehen.

Die Gewerkschaften ver.di und NGG fordern indes erneut Beschäftigte mit einem Stundenlohn von unter sechs Euro auf, ihre Dumpinglöhne zu melden – per Internet unter: www.dumpinglohn.de.