Ingolstadt
Und plötzlich steht alles still

Stromausfall im Norden und Westen der Stadt legt für einige Zeit auch das Audi-Werk lahm

18.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:07 Uhr
Hier lag die Fehlerquelle: Im Umspannwerk westlich des Audi-Werks gab es gestern Morgen vermutlich einen Kurzschluss, der sich breit im Netz auswirkte. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Während sich der Audi-Vorstand in San Francisco im Glanz der Vorstellung des neuen e-tron sonnte, gab es Dienstagfrüh am Stammsitz in Ingolstadt ziemliche Probleme: Wegen eines großen Stromausfalls im Norden und Westen der Stadt stand für einige Zeit auch die Produktion im Audi-Werk still.

Ab 7.25 Uhr ging im Nordwesten Ingolstadts und in angrenzenden Umlandgemeinden in Tausenden Haushalten und Hunderten Firmen im Sekundentakt nach und nach das Licht aus; Geräte und Maschinen standen still. Betroffen war das komplette Gebiet nördlich der Innenstadt und westlich der Ringlerstraße einschließlich der Ortsteile Etting und Gerolfing.

Außerhalb der Stadtgrenze traf es die Gemeinden Wettstetten, Gaimersheim, Stammham und Eitensheim im Landkreis Eichstätt sowie den Neuburger Stadtteil Heinrichsheim. Auch Ampelanlagen waren betroffen, wodurch es insbesondere im Ingolstädter Nordwesten im Berufs- und Schulbusverkehr zu größeren Behinderungen, allerdings nach Polizeiangaben nicht zu Unfällen kam.

Es dürfte vom Umfang her der größte Stromausfall der jüngeren Stadtgeschichte gewesen sein. Konkrete Angaben über die Zahl der Betroffenen ließen sich gestern nicht treffen. Ausgangspunkt für den Blackout war nach ersten Erkenntnissen ein technischer Defekt - höchstwahrscheinlich ein Kurzschluss - im Ettinger Umspannwerk des Bayernwerks, das am Westrand des Audi-Werks an der Ettinger Straße liegt. Da sich die Störung auf das 110-kV-Netz im Umkreis der Schaltstation auswirkte, wurden nach Angaben des Unternehmens auch drei weitere Umspannwerke im Nordwesten "ausgeknipst" - das der Stadtwerke an der Richard-Wagner-Straße und zwei weitere Anlagen des Bayernwerks an der Carl-Zeiss-Straße (direkt östlich des Audi-Werks) und auf Neuburger Flur bei Grünau.

Die genaue Ursache des Blackouts, der zum Glück für die meisten Betroffenen nur eine knappe halbe Stunde dauerte, war gestern bis Redaktionsschluss noch nicht bekannt; Experten des Bayernwerks, von dem die Ingolstädter Stadtwerke und andere kommunale Versorger im Umland Strom beziehen, waren den ganzen Tag über mit Untersuchungen nach den tieferen Gründen des Ausfalls beschäftigt.

Die Störungstrupps des Energieunternehmens und auch der Stadtwerke hatten den Fehler bereits nach einer Viertelstunde lokalisiert und Gegenmaßnahmen getroffen, so dass bis circa 8 Uhr in den meisten betroffenen Gebieten wieder "Saft" vorhanden war. "Die Zusammenarbeit mit Bayernwerk hat sehr gut funktioniert, das lief Hand in Hand", erklärte am Nachmittag ein Sprecher der Stadtwerke.

In den Privathaushalten war das Thema wegen der relativ zügigen Wiederherstellung der Stromversorgung fast überall schnell erledigt. Anders verhielt es sich bei etlichen Unternehmen mit komplizierteren elektrischen und elektronisch gesteuerten Anlagen - so eben bei Audi und da und dort auch bei anderen hoch technisierten Firmen, zum Beispiel im benachbarten Güterverkehrszentrum.

Beim Automobilhersteller standen für eine runde Stunde nicht nur alle Bänder still, sondern auch der Neustart etlicher digital gesteuerter Prozesse war nach Ende des Stromausfalls nicht überall sofort und problemlos möglich. Unternehmenssprecher Joachim Cordshagen bilanzierte am Nachmittag, dass es mit dem Wiedereinstieg in normale Abläufe in einigen Produktionssegmenten bis circa 11.30 Uhr gedauert habe. Tausende Mitarbeiter in den Fertigungshallen mussten eine - vielleicht gar nicht mal so unwillkommene - Zwangspause einlegen. Laut Audi hat sich dadurch die Fertigstellung von rund 300 Fahrzeugen verzögert; der Rückstand werde aber sicher zügig wieder ausgeglichen, so dass kein Kunde mit verspäteter Auslieferung rechnen müsse.

Der Ausfall der Ampeln auf den zwischen 7 und 8 Uhr werktags stets dicht befahrenen Hauptstraßen im Ingolstädter Nordwesten war da für die betroffenen Verkehrsteilnehmer zweifelsfrei ärgerlicher. Gerade auf der westlichen Nordtangente (Richard-Wagner-Straße) und der Ettinger sowie der Gaimersheimer Straße kam es zu längeren Staus. Die Polizei, die derzeit wegen des Schulanfangs frühmorgens viele Kräfte rund um die Grundschulen aufbietet, war zwar schnell im Bilde und bereitete nach Angaben der Inspektion bereits einen größeren Personaleinsatz an den neuralgischen Kreuzungen vor, konnte dieses Vorhaben aber gleich wieder abbrechen, weil die Signalanlagen dann doch relativ zügig wieder in Betrieb gingen. Der Außendienst habe über die Morgenstunden alle betroffenen Ampeln auf korrekte Funktion überprüft, hieß es nachmittags beim städtischen Amt für Verkehrsmanagement.
 

Notstrom am Klinikum

In einem sehr sensiblen Bereich wurde der Stromausfall offenbar ebenfalls professionell überbrückt: Im Ingolstädter Klinikum, das mitten im betroffenen Gebiet liegt, sprangen die für solche Fälle bereitstehenden Notstromaggregate nach Auskunft von Sprecherin Katja Vogel unmittelbar an. Schon nach wenigen Sekunden sei überall im Haus wieder Strom vorhanden gewesen; der Betrieb, so heißt es, habe deshalb ganz normal weiterlaufen können.

Bernd Heimerl, Thorsten Stark