Und plötzlich ist alles anders

<DK-XY_trifft>WORT ZUM SONNTAG:</DK-XY_trifft> Heute mit Schulleiterin Petra Schiele

22.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:18 Uhr
Petra Schiele. −Foto: privat

Liebe Leserinnen und Leser,es lief doch recht gut.

 

Ich hatte meinen Plan, meine konkreten Vorstellungen. Es hätte gut so weitergehen können.

Die Jünger zogen mit Jesus in Jerusalem ein. Das Volk jubelte ihm zu. Eine Erfolgs-Story.

Doch dann kommt alles ganz anders. Meine Pläne, Hoffnungen, Ziele werden durchkreuzt: Krankheit, Trennung, Tod, Corona-Krise. Plötzlich ist alles anders. Der umjubelte Jesus wird angeklagt, wird ausgeliefert, von seinen besten Freunden verraten. Alle Hoffnungen scheitern.

Schockstarre oder Flucht sind die ersten Reaktionen in einer Krise. Wir fühlen uns wie gelähmt, haben keine Kraft mehr, erstarren und haben keinen Plan, wie es weitergehen kann. Andere laufen davon, wollen nur weg vom Ort des Schreckens. Der Schmerz ist zu groß, um bleiben zu können.

Beides sind auch die Reaktionen der Jünger nach Jesu Tod. Die einen bleiben in Jerusalem, verstecken sich in einem Saal. Zwei andere, die Emausjünger, gehen von Jerusalem weg.

Gut und hilfreich ist es, in dieser Zeit Menschen an der Seite zu haben, die bei uns sind, uns zuhören, uns verstehen, für uns da sind. Wir brauchen keine Ratschläge. Wir brauchen Menschen, die das Scheitern mit uns aushalten und uns in unserem Fragen, in unserem Hadern verstehen.

Jesus ist da, er macht sich mit ihnen auf den Weg, auch wenn der Weg eigentlich in die falsche Richtung führt. Er hört ihnen einfach nur zu. Und im Erzählen gingen ihnen die Augen auf. Indem sie darüber reden konnten, verstanden sie, was passiert war. Die Emausjünger erkennen Jesus aber nicht. Ihre Augen sind gehalten. In Trauer, Enttäuschung und Verzweiflung sind wir blind für das, was auch noch da ist. Wir erkennen Möglichkeiten nicht, die eigentlich offensichtlich sind.

Es ist wichtig, die Enttäuschung, den Schmerz, die Wut und Trauer zuzulassen. Wir müssen ins Tal der Tränen, wir müssen hinein und durch dieses Tal hindurch, bevor wir daraus wieder aussteigen können.

Und: Es wird anders weitergehen.

Die Zeit, in der Jesus für seine Jünger da war, ihnen die Botschaft Gottes durch sein Leben und durch seine Gleichnisse vermitteln konnte, ist vorüber. Jetzt sind die Jünger an der Reihe, sich aufzumachen und der Welt von dem zu berichten, was sie erleben durften.

Sie hatten sich versteckt, sind davongelaufen, haben Jesus nochmals erlebt und erhalten den Auftrag, jetzt in die Welt hinauszugehen. Ganz von alleine scheint es nicht zu gehen. Die Jünger brauchen noch eine kräftige Stärkung, den Heiligen Geist. Es scheint sich damals, auch von außen betrachtet, eine starke Veränderung vollzogen zu haben. Aus den verschreckten und eingeschüchterten Jüngern werden die ersten überzeugten und überzeugenden Christen, die in die Welt hinausgehen. Aus Menschen, die vorher noch stark durch eine Krise, durch das angebliche Scheitern verzweifelt waren, werden Menschen, die es schaffen - ohne moderne Medien - eine Weltreligion ins Rollen zu bringen.

Ich wünsche uns allen, dass wir aus den momentanen Krisen gestärkt und als veränderte Menschen wieder in die Welt hinausgehen können.

Petra Schiele

Schulleiterin der Maria-Ward-Realschule Schrobenhausen