Leserbrief
Unausgegorener Vorschlag

19.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:12 Uhr

Zu "Ein Tunnel unter der Ringstraße?" (DK vom 6. November), womit die CSU die Verkehrsprobleme lösen will:

Kurz vor Faschingsbeginn kann ich im DK lesen, dass die CSU einen 1,9 Kilometer langen Tunnel unter der Westlichen Ringstraße auf Schuttertiefe errichten will. Bisher wurde den Betroffenen des Schneller Weges gesagt, eine 50 Meter lange wasserdichte Wanne unter dem Bahndamm sei nicht finanzierbar. Es sei also günstiger, anstatt eines fast anstiegslosen Tunnels unter dem Bahndamm eine hohe Brücke mit Schallschutz und dazu einen notdürftigen Radfahrer-Tunnel zu bauen. Ist jetzt immer Fasching oder hat der Brückenbau am Schneller Weg einen anderen Grund?
Manfred Roß, Ingolstadt

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Ingolstadts Kommunalpolitik sollte zusammen mit Mobilitätsexperten und der Stadtverwaltung Konzepte entwickeln, um zukunftsfähige Mobilitätsformen wie den Radverkehr in Ingolstädter flächendeckender zu etablieren. Die Lebensqualität der Schanzer Individualverkehrsfestung würde schlagartig steigen. Ingolstadt könnte sich an Fahrrad-Vorreiterstädten wie Kopenhagen oder Amsterdam orientieren und sich ihnen (angepasst an die Ingolstädter Gegebenheiten) annähern.

Ingolstadts größte Stadtratsfraktion weiß jedoch anscheinend selbst gut genug, was für Ingolstadt das Beste ist. Sie will die Westliche Ringstraße untertunneln, obwohl der amtierende Ingolstädter Landtagsabgeordnete vor wenigen Wochen gegenüber dem DONAUKURIER verlauten ließ, dass "man sich an ein bisschen Ringstraßenstau nicht stören darf". Welchen Hintergrund hat also das geplante Großprojekt?

Anstatt der rasant wachsenden Ingolstädter Bevölkerung mit nachhaltigen Mobilitätsprojekten zu helfen, greift die CSU dem in einer Großstadt nicht zukunftsfähigen Individualverkehr unter die Arme. Anstatt einmalige Grünring- und Auwaldgrünflächen im Hier und Jetzt vehement zu verteidigen, sollen durch Renaturierungsmaßnahmen Naherholungsflächen zurückgezaubert werden, indem ökologische Fehlentscheidungen der kommunalpolitischen Vergangenheit teuer bezahlt werden. Anstatt die gegenwärtige Kommunalpolitik im Sinne nachfolgender Generationen zu gestalten, werden wichtige Projekte auf unabsehbare Zeit verschoben und aktuelle Projekte als Hypothek nachfolgender Generationen ausgelegt. Eine zusätzliche von der FW geforderte Donauquerung scheint kommunalpolitisch tot zu sein. Stattdessen hegt die schwarz-orange-Rathauskoalition den Gedanken, Geschichte zu schreiben: Den Tunnel-Kompromiss. Doch damit wird nicht nur die Ringstraße untergraben, sondern auch das restliche, noch vorhandene Ansehen der Ingolstädter Kommunalpolitik!

Quirin Witty,

Roland Scheuerer, Ingolstadt


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Nachdem sich das Tiefbauamt an der Unterführung der Richard-Wagner-Straße unter der Ettinger Straße warmgebuddelt hat, scheint die Stadt nun endlich für größere Projekte bereit zu sein. Die Einbeziehung der dritten Dimension bei der Lösung unserer Verkehrsprobleme halte ich für absolut richtig, sei es durch Lufttaxis, Seilbahnen oder Tunnel. Eine Untertunnelung der Westlichen Ringstraße wird für das Glacis und Radfahrer eine Verbesserung bringen, aber den alltäglichen Stau nur unter die Erde verlagern.

Für einen verbesserten Verkehrsfluss würde meines Erachtens eine Ertüchtigung des Knotenpunktes Südliche Ringstraße/Münchener Straße erheblich mehr bringen, z. B. durch Tunnel-Bypässe für die Hauptverkehrsrichtungen. Einen erheblich größeren Nutzen für Ingolstadt sehe ich in einem Citytunnel unter der Harderstraße, beginnend etwa im Bereich Auf der Schanz/Esplanade bis zur Adenauer-Brücke. Damit würde für den motorisierten Individualverkehr eine neue, direkte Route geschaffen mit vorhandener vierspuriger Fortsetzung an beiden Tunnelenden. Zudem könnten die lärmenden und stinkenden INVG-Busse samt Haltestellen im Untergrund verschwinden, auch eine eigene Tunnelröhre für einen Radlschnellweg wäre hier sinnvoll. Damit würde es zu einer erheblichen Aufwertung der Fußgängerzone kommen nebst großem Spielraum für eine Umgestaltung (Begrünung!) der dann autofreien südlichen Harderstraße. Ein Citytunnel wäre mit maximal einem Kilometer Länge wesentlich kürzer und vermutlich kostengünstiger als ein Tunnel unter der Westlichen Ringstraße. Eine gleichberechtigte Prüfung dieser Alternative halte ich daher für sinnvoll.

Peter Hougardy, Buxheim

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Die autogerechte Stadt war eine Vision im vorigen Jahrhundert. Lösungen für das Verkehrsproblem auf der Westlichen Ringstraße, wie die CSU sie vorschlägt, stammen aus dieser Zeit. Man kann sicher nicht die Stadt an den heutigen Verkehr anpassen, sondern man muss den Verkehr an die existierende Stadt anpassen. Der Verkehr, der jeden Tag den Stau erzeugt, will eigentlich gar nicht in die Stadt, sondern er fährt z.B. von Süden kommend nach Norden zu Audi durch die Stadt! Dieser Verkehr könnte auch weit um die Stadt herum gelenkt werden.

In einer Stadt, die Vorbild sein will in Sachen "Autonomes Fahren" oder "vernetztes Fahren" ist es ein geistiges Armutszeugnis, wenn man allen Ernstes einen Tunnel vorschlägt, der nur rückwärtsgerichtete Lösungen von Problemen bringt, die längst überholt sind. Man sollte lieber die immensen Kosten, die ein Tunnel verschlingt, einsetzen, um innovative Lösungen der heutigen Zeit auf den Weg zu bringen. Wie wäre es mit Parkplätzen außerhalb der Stadt und von dort selbstfahrende Shuttle-Busse zu den verschiedenen Zielen! Und so gibt es noch viele Ideen. Schienengebundener Nahverkehr, kleine Rufbussysteme mit Wasserstoffantrieb und vieles anderes mehr. Was bringt ein Tunnel? Man sieht den Stau nicht mehr! Liebe CSU, wach' auf und komm' an im 21. Jahrhundert!

Siegfried Bauer, Ingolstadt

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Sollten die Vorschläge der CSU-Protagonisten ernst gemeint sein, wäre es meines Wissens das erste Mal, dass aus dem Bereich der größten Fraktion Denkanstöße zu dem leidigen Thema der Westlichen Ringstraße mitsamt der Glacisbrücke kämen. In der Vergangenheit konnte man den Eindruck gewinnen, dass den Verantwortlichen der Stadt Ingolstadt die Verkehrssituation der Westlichen Ringstraße bis über die Glacisbrücke hinaus vollkommen egal war. Zuletzt beschäftigten sich einige Verantwortliche mit Luftschlössern wie Seilbahnen oder Flugtaxen, nicht aber damit, wie viel tausende von Stunden unzählige Verkehrsteilnehmer in den berüchtigten Staus verbrachten und noch täglich verbringen oder wie sehr die Luft von stehendem Verkehr verpestet wird.

Die beiden Protagonisten mögen vielleicht mit ihrem Vorschlag etwas über das Ziel hinausgeschossen sein. Aus den Verhinderungs- und Geht-nicht Fraktionen ist aber nie ein brauchbarer diskutabler Vorschlag gemacht worden. Natürlich wäre es eingedenk deutscher Planungs-, Baurechts- und Brandschutzvorschriften günstiger, ein Stück abzuspecken - will heißen, den Tunnel kürzer zu machen und wie bisher die Donau statt mit einer Murks-Brücke mit einer leistungsfähigen Variante zu queren.

Die große Schwachstelle der vorgeschlagenen Lösung ist jedoch die Tatsache, dass wie bisher auch die Verkehrsteilnehmer aus den südlichen und südöstlichen Stadtteilen sowie aus den angrenzenden Gemeinden wieder fünf bis sechs Kilometer in die Stadt hinein und ungefähr dieselbe Strecke zum Klinikum, dem Westpark oder zu Audi benötigen würden. Deshalb ist eine Alternative, nämlich ein Tunnel westlich der Glacisbrücke, zu prüfen. Dieser Tunnel könnte nämlich mit der Hälfte der Länge der vorgeschlagenen Lösung auskommen und den Verkehr schneller in die Stadtteile nordwestlich der Donau verteilen.

Eine kurzfristige Lösung ist das alles nicht. Der neue Bahnhaltepunkt bei Audi dürfte eine mittlere Entlastung schaffen. Ein guter Nahverkehr mit neuen Buslinien, zusätzlichen Umsteigepunkten und engeren Takten wäre ein weiterer Entlastungsbaustein. Aber das funktioniert in den meisten deutschen Städten - nur nicht in Ingolstadt.

Neulich, als ich wieder einmal bereits auf der Höhe des Westfriedhofs im Stau stand, um nach Hause zu kommen, habe ich mich beim Gedanken ertappt, wie ideal es vielleicht doch wäre, jetzt im Flugtaxi in wenigen Minuten in Hundszell zu sein. Aber bis zu dieser Lösung dürfte es vermutlich noch länger dauern, als rund zwei Kilometer Tunnel zu bohren.
Wolfgang Prestel, Ingolstadt