München
Umstrittene Tarifreform

Vor allem aus dem Münchner Umland hagelt es Kritik an den Plänen des MVV

25.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:12 Uhr
Patrik Stäbler
Martin Prankl aus Aying ist nicht zufrieden mit der geplanten Tarifreform. Er hat zusammen mit seinem Bekannen Ferdinand Mittermaier eine Protestnote verfasst und an den MVV geschickt. Die beiden haben ausgerechnet, dass die Bürger im Münchner Umland teilweise deutlich mehr zahlen sollen. −Foto: Foto: privat

München (DK) Die geplante Tarifreform des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV) spaltet die Gemüter. Viel Lob gibt's für die anvisierte Vereinfachung des Tarifsystems. Zugleich hagelt es aber auch reichlich Kritik - vor allem aus dem Münchner Umland.

Wann immer Ferdinand Mittermaier aus seinem Wohnort München in seine alte Heimatgemeinde in den Süden der Landeshauptstadt fährt, dann nimmt er die S-Bahn - zumindest anfangs. Doch schon zwei Haltestellen bevor die S7 das eigentliche Ziel des 36-Jährigen erreicht, nämlich den Bahnhof Großhelfendorf, steigt er in Aying aus.

"Dort lasse ich mich dann mit dem Auto abholen", erzählt Mittermaier - aus zwei Gründen. Erstens, weil die S-Bahn hinter Aying nur noch alle sechzig Minuten fährt. Und zweitens: Eine Fahrt nach Großhelfendorf ist deutlich teuer, da hinter Aying nicht nur eine Ring- sondern auch eine Zonengrenze im Tarifsystem des MVV verläuft.

"Ich kenne viele Menschen, die deshalb für ein paar Kilometer das Auto nehmen", sagt Mittermaier. Er habe daher gehofft, dass der Preissprung im Zuge der Tarifreform gemindert werde. "Doch der Fehler ist nicht nur nicht behoben worden, sondern er wurde sogar verschärft", ärgert sich der Volkswirt. Er hat deshalb gemeinsam mit dem Ayinger Martin Prankl eine Protestnote verfasst und an den MVV geschickt. Ihre Kritik richtet sich vor allem an den Preissprung zwischen den künftigen Zonen 2 und 3: Hier steigt der Preis für eine Tageskarte etwa um 3,20 Euro - während es bei allen anderen Zonen um 0,60 bis 1,30 Euro teurer wird.

Betroffen ist davon nicht nur der Süden im MVV-Gebiet, sondern etliche Gemeinden an den künftigen Zonengrenze. So würden infolge der Tarifreform auch in Neufahrn (S1) im Kreis Freising oder in Röhrmoos sowie Niederroth (beide S2) im Kreis Dachau etliche S-Bahn-Fahrer aufs Auto ausweichen, um nach Eching, Hebertshausen oder Schwabhausen zu fahren und dadurch einige Euro zu sparen, glauben Mittermaier und Prankl. Sie kritisieren: "Es ist relativ eindeutig, dass der Außenraum hier benachteiligt wird." Fragt man beim MVV nach, so bestätigt Pressesprecherin Beate Brennauer: "Da wird es einen größeren Preissprung geben." Jedoch betont sie: "Für die einen ist die Tarifreform eher ein Vorteil, für die anderen eher ein Nachteil - das lässt sich nicht vermeiden."

Für den Landkreis Dachau, der ja unter anderem von dem Preissprung betroffen ist, seien die geplanten Änderungen jedenfalls überwiegend positiv, findet der dortige Landrat Stefan Löwl (CSU). Allen voran liege Karlsfeld (S2) künftig noch in der zentralen M-Zone, sodass die Fahrten von hier nach München deutlich günstiger werden. Überdies befänden sich weitere Kommunen wie die Stadt Dachau in großzügigen Übergangsbereichen, wodurch harte Tarifsprünge abgemildert und viele Anschlussfahrten mit dem Bus ohne Zusatzkosten möglich seien, so Löwl.

Ähnlich sieht das auch im Norden des Landkreises München aus - und dennoch regt sich hier die lauteste Kritik. Denn wirtschaftlich starke Gemeinden wie Unterschleißheim (S1), Ismaning (S8) oder Garching (U6) haben es nicht in die M-Zone geschafft, obgleich sie nur einen Steinwurf von der Münchner Stadtgrenze entfernt liegen. Hier haben erste Bürgermeister bereits angekündigt, im Kreistag gegen die Reform zu stimmen.

Kritik an den Plänen kommt überdies aus dem unmittelbaren Münchner Umland. So weist der Verkehrsclub Deutschland (VCD) darauf hin, dass Pendler dort mitunter bis zu 60 Prozent mehr zahlen müssen als früher. Als Beispiel führt der VCD-Vorsitzende im Kreis München, Wolfram Liebscher, eine Monatskarte von Germering nach Pasing an, die aktuell 55,20 Euro, künftig jedoch 89,90 Euro kosten wird - und das für eine Strecke von gerade mal acht Kilometern.

"Wir nehmen natürlich alle Kritikpunkte auf", sagt MVV-Pressesprecherin Brennauer. Jedoch betont sie auch: "Bis zum 6. Juni 2019 wird es erst mal keine Änderungen an der Tarifreform geben." Schließlich müsste man andernfalls das im Ganzen beschlossene Konzept wieder aufschnüren. Nachdem die Tarifreform dann einmal in Kraft getreten sei, "müssen wir natürlich schauen, wie sich das ganze entwickelt", so Brennauer.
 

Patrik Stäbler