Geisenfeld
Umgehung: Kommt es zu einem Bürgerentscheid?

05.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:12 Uhr

Ein aktuelles Schreiben der Bayerischen Staatskanzlei, in dem diese einer Abstufung oder Sperrung der B 300 im Ortsbereich eine Absage erteilt, verlas 2. Bürgermeisterin Gabriele Bachhuber. - Foto: Kohlhuber

Geisenfeld (GZ) "Das läuft wohl auf einen Bürgerentscheid hinaus", meinten am Donnerstagabend mehrere der rund 200 Besucher am Ende der fast vierstündigen Bürgerversammlung zum Dauerbrenner Umgehungsstraße. Zuvor war über das Thema ausführlich – und weitgehend sachlich – diskutiert worden.

Nach Informationen zu weiteren wichtigen Punkten der Geisenfelder Kommunalpolitik (Bericht hierzu am Montag) ging es in der Bürgerversammlung in der Schulaula geschlagene zweieinhalb Stunden um das Thema Umgehungsstraße. "Warum", so Bürgermeister Staudter einleitend, "soll jetzt alles, was hier Jahrzehnte lang völlig unwidersprochen das gemeinsame Ziel der Geisenfelder Bevölkerung war, plötzlich nicht mehr gelten"

Dass Geisenfeld die komplette Nord-Süd-Umfahrung brauche, untermauerte der Rathauschef unter anderem mit einem Zitat aus einem Einzelhandelsgutachten im Zuge der Stadtplatzsanierung. Wie es darin heißt, sei die die hohe Verkehrsbelastung "das größte Entwicklungshemmnis für die Innenstadt". Und das Staatliche Bauamt Ingolstadt sei als Bilanz seiner Verkehrszählung 2006 zu der klaren Feststellung gelangt, dass "der störende Güterdurchgangsverkehr nahezu vollständig auf die geplante Umgehungsstraße verlagert" werden könnte.

Absage an Sperrung

Zu den Forderungen, vor Weiterführung der Planungen doch Alternativen zum Umgehungsstraßenbau näher ins Auge zu fassen, erklärte Staudter, dass man hier seit Jahren immer wieder Anläufe gestartet habe und stets ohne Erfolg geblieben sei. Ganz konkret zu diesem Thema bat Staudter seine Stellvertreterin Gabriele Bachhuber ans Mikrofon, die aus einem erst vor einigen Tagen eingegangenen Antwortschreiben der Bayerischen Staatskanzlei auf einen Antrag der CSU-/UL-Fraktion verlas.

Quintessenz: Einer Abstufung, beziehungsweise Sperrung der B 300 im Ortsbereich wurde eine Absage erteilt, weil der Bundesstraßenverkehr in Geisenfeld für sich alleine zu niedrig ist. Die hohe Belastung im Stadtkern ergebe sich erst durch die ebenfalls dem Durchgangsverkehr dienenden Staatsstraßen 22 32 und 23 35. Auch aus Sicht der Staatskanzlei, so zitierte Bachhuber aus dem Schreiben, könne nur eine komplette Ortsumgehung in Nord-Süd-Richtung eine dauerhafte Abhilfe schaffen.

Zur zweiten, immer wieder zu hörenden Alternative, der Aufbringung eines Flüsterasphalts, gab Bauamtschef Sebastian Zimmermann Auskunft, der sich in dieser Frage beim Staatlichen Bauamt schlau gemacht hatte. Für eine tatsächlich spürbare Senkung der Fahrgeräusche, so erklärte er, müsste die Straße, in der sich unzählige Leitungen und Kabel befinden, auf 80 Zentimetern Tiefe komplett "ausgekoffert" und neu aufgebaut werden – mit einem immensen Kostenaufwand. Ganz abgesehen davon, dass sich mit einem alternativen Asphalt an den Motorgeräuschen und an der Abgasbelastung nichts ändere.

In seinen folgenden Ausführungen ging Bürgermeister Staudter dann auch gleich auf einige Anfragen zum Thema Umgehungsstraße ein, die von mehreren Geisenfeldern zu der Versammlung gestellt worden waren. Niemand müsse Angst haben, "dass die Stadt hier jemand etwas wegnimmt, um einen Planungsgewinn zu machen", betonte er zum einen. Und was passiert mit den erworbenen Grundstücken (für rund 350 000 Euro wurden bereits Flächen gekauft), wenn es mit der Umgehung doch nichts werden sollte? Für diesen Fall wäre die Stadt natürlich zu einer Rückabwicklung bereit, ließ er wissen, zumal in den Kaufverträgen ausdrücklich davon die Rede sei, dass die Grundstücke "für den Bau einer Straße und nicht für andere Zwecke" erworben würden. Und die Grundstücke, die nicht rückabgewickelt werden können? Als ökologische Ausgleichsflächen, so Staudter, könne die Stadt solche Grundstücke "immer brauchen". Des weiteren werde es natürlich auch keine Unternehmensflurbereinigung geben, falls die Umgehungsstraße nicht kommen sollte.

Eine Anfrage bezog sich darauf, ob es Untersuchungen dazu gebe, ob die Umgehungsstraße nach ihrer Fertigstellung zusätzlichen Verkehr erst anziehen werde. Staudter erklärte dazu, dass es so eine Untersuchung nicht gebe. Mit einer gewissen "Sogwirkung" sei wohl zu rechnen, was aber auf den erzielten Entlastungseffekt für das Stadtzentrum keine Auswirkungen habe.

Keine "K.o.-Kriterien"

Auskünfte zur geplanten Südspange waren ebenfalls schriftlich erbeten worden. Bevor die Stadt mit ihrer Nordspange beginne, müsse "feststehen, dass die Südspange tatsächlich kommt", betonte der Bürgermeister und widersprach gleichzeitig Behauptungen, wonach die Südtrasse kaum zu realisieren sei: Weder in Sachen Hochwasserschutz noch in Sachen Ökologie gebe es hier irgendwelche "K.o.-Kriterien", erklärte er. Grundstücke für den Bau der Südspange habe die Stadt noch keine erworben, weil für diesen Trassenabschnitt die Stadt ja gar nicht zuständig sei.

Staudter nutzte die Versammlung dann auch noch, um seine Enttäuschung über das Verhalten zweier Landwirte im Zusammenhang mit dem Grunderwerb zu bekunden: Ausdrücklich auf deren Wunsch hin habe man – mit nicht unerheblichem Aufwand – zwei Änderungen am Trassenverlauf vorgenommen. Dieses Entgegenkommen sei der Stadt nun damit gedankt worden, dass die beiden Landwirte zu jenen Grundeigentümern gehörten, die bekundet haben, sich anwaltschaftlich gegen die Stadt vertreten zu lassen.

Nichtsdestotrotz werde die Stadt hier auf ihrem eingeschlagenen Weg bleiben, erklärte Staudter – eine Ankündigung, die in der ausführlichen Diskussion zu diesem Thema (siehe gesonderten Bericht) zum Teil begrüßt, zum Teil aber auch kritisch kommentiert wurde.