Rottenegg
Um den Schlaf gebracht

Nächtlicher Gewerbelärm in Rottenegg: Anwohner der Ziegeleistraße fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen

23.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

"Mit den Nerven am Ende": Christa Binner vor dem Werkstor des benachbarten Betriebsgeländes in der Rottenegger Ziegeleistraße. Den hinteren Teil des Areals nutzt eine Firma zur Reparatur von Autotransportern, wobei nach Feststellung der Anwohner Monate lang vorwiegend nachts geflext und gehämmert wurde. - Foto: Kohlhuber

Rottenegg (GZ) Die Freude an ihrem tollen Haus ist Christa Binner aus Rottenegg schon lange vergangen. Nächtlicher Lärm, der von den angrenzenden Gewerbebetrieben herüberdringt, raubt ihr und anderen Anliegern der Ziegeleistraße den Schlaf. Von den Behörden fühlen sie sich im Stich gelassen.

Der Ärger dreht sich um das Gelände der früheren, 2004 insolvent gegangenen Firma Kriegler Karosseriebau. 2007 wurde das Areal von einem Ingolstädter Spediteur ersteigert, der es aber nicht selbst nutzt, sondern verpachtet hat. Den hinteren Teil des Geländes und der Hallen nutzt eine Trading und Logistic GmbH mit Hauptsitz in Gräfelfing, und zwar zur Reparatur von Autotransportern. Und dies passiert nach den leidvollen Erfahrungen der Anwohner vielfach nicht tagsüber, sondern mitten in der Nacht. "Die fangen erst um 19 Uhr an, und dann geht das so bis 3 Uhr früh, und zwar fast immer im Freien", erzählt Christa Binner, die früher Kriegler hieß und gleich nebenan ihr Haus hat. Marianne Koch, die gegenüber dem Gewerbegelände wohnt, kann das bestätigen. "Da wird dann geflext und auf blankem Eisen herumgeschlagen." Oder es werden Stunden lang die Motoren der Sattelzüge laufengelassen.

Seit rund zwei Jahren geht das nun so, und im Januar 2015 haben sich zehn Familien, die im Umkreis wohnen - also hauptsächlich aus der Ziegeleistraße - zu einer Art Anti-Lärm-Initiative zusammengeschlossen. Erreicht haben sie bis vor Kurzem freilich nichts. Mehrfach wurde versucht, die Angelegenheit durch Gespräche mit dem Grundstückseigentümer und den Pächtern zu klären - stets erfolglos. "Da erntest du bloß ein hämisches Grinsen", erzählt Binner als Wortführerin der Nachbarschaftsinitiative.

Ebenso wenig brachten Interventionen bei der Stadt oder beim Landratsamt sowie Beschwerden bei der Polizei. "Da nimmt dich keiner ernst, da kommst du dir vor wie der Buchbinder Wanninger."

Dutzende Male in den zurückliegenden Monaten hat die 52-jährige Geschäftsfrau bei der Geisenfelder Polizei angerufen, wenn es nachts wieder mal rundging auf dem Nachbargelände. "Manchmal bekam ich zur Antwort, ich solle mich nicht so haben und die Rollos schließen. Hin und wieder fuhr aber auch ein Streifenwagen heraus - freilich Stunden später, wenn oft schon alles vorbei war." Und wenn die Streifenwagenbesatzung tatsächlich mal jemanden auf dem Gelände angetroffen und Ruhe eingefordert habe, "dann ging es weiter, sobald die Polizei weg war", erzählt die Rotteneggerin, die mittlerweile "mit den Nerven am Ende ist".

Den Vorwurf, hier zu wenig unternommen zu haben, will man freilich bei der Geisenfelder Polizei nicht auf sich sitzen lassen. Man habe diese Beschwerden "stets ernst genommen", könne allerdings "nicht überall gleichzeitig sein", sagt Polizeihauptkommissar Michael Stößl, der bei der Inspektion mit dem Fall befasst ist. Wenn nachts wo anders im Dienstbereich ein größerer Einsatz sei, dann könne man sich einer Lärmbelästigung halt erst anschließend widmen.

Im Übrigen, so Stößl, seien ja zusammen mit der Beschwerdeführerin zwei Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen formuliert und ans Landratsamt Pfaffenhofen als der zuständigen Ahndungsbehörde weitergeleitet worden.

Dort, so erzählt Christa Binner, "lagen nun unsere Hoffnungen". Die sich jedoch nicht erfüllen sollten. "Sechs nervenaufreibende Monate lang passierte gar nichts." Mal habe es geheißen, es müssten noch Unterlagen aus dem Archiv angefordert werden, "dann war von einer internen Konferenz zu dem Thema die Rede, zu der es aber dann nie kam".

Schließlich, so Binner, habe man "das Landratsamt seitens der Bürgerschaft in Rottenegg mit der Möglichkeit einer Untätigkeitsklage konfrontiert", und am 27. Juli, ein gutes halbes Jahr nach Anzeigenerstattung, habe sich dann zumindest "ein bisserl was getan".

Wie die Kreisbehörde auf Anfrage der GZ erklärte, sei gegen die Firma ein Bußgeldbescheid wegen des Laufenlassens der Motoren erlassen worden. Was die auftretenden Lärmbelästigungen im Freien des Firmengeländes sowie eventuelle Verstöße gegen Betriebszeiten angeht, so habe man den Vorgang "an die Untere Bauaufsichtsbehörde zur zuständigen Bearbeitung weitergeleitet". Dabei solle überprüft werden, "was die Genehmigungssituation und was die bestehende Nutzung ist", erläutert die Sprecherin der Behörde.

"Wir sind nun wirklich gespannt, ob diese Prüfung ein weiteres halbes Jahr lang dauern wird", sagt dazu Christa Binner. Wie diese weiter berichtet, hätten die lärmgeplanten Anlieger auch bei der Stadt Geisenfeld lange Zeit nichts erreicht "obwohl wir herausgefunden hatten, dass die Firma nicht mal ihr Gewerbe in Geisenfeld angemeldet hat". Was man ebenfalls bei der Polizei zur Anzeige gebracht habe.

Eine Anfrage unserer Zeitung bei der Stadt, ob denn dies tatsächlich so sei (es ist so), ließ nun den Geisenfelder Bürgermeister in der Angelegenheit aktiv werden. Christian Staudter (USB) berichtete gegenüber der GZ von einem Gespräch, zu dem das städtische Ordnungsamt vor einigen Tagen den Filialleiter der genannten Firma ins Rathaus gebeten habe - samt Dolmetscherin.

Mit dazugeladen habe man auch einen Vertreter der Logistikfirma, die seit einigen Wochen den vorderen Teil des Betriebsgeländes angepachtet hat. Man habe den beiden "mit deutlichen Worten klar gemacht, dass der Betrieb hier in geregelten Bahnen abzulaufen hat", und dazu gehöre in erster Linie die Einhaltung der zulässigen Betriebszeiten.

Was diesen Punkt angeht, so sei dieser im Bebauungsplan von 1994 eindeutig geregelt, so Staudter. Es handle sich hier um ein eingeschränktes Gewerbegebiet mit Emissionsbeschränkung, in dem die Arbeit von 22 bis 6 Uhr früh zu ruhen habe. Im Laufe des September, so kündigte Staudter an, werde es ein weiteres Gespräch geben, und zwar mit dem Eigentümer des Firmengeländes und den beiden Hauptpächtern, um auch diese auf die "Spielregeln" hinzuweisen. "Wir tun alles, um hier für geregelte Verhältnisse zu sorgen und den Anwohnern ihre Nachtruhe zurückzugeben", betont der Geisenfelder Bürgermeister.

Christa Binner und ihre Mitstreiter haben's vernommen, reagieren auf dieses Verspechen jedoch zurückhaltend: "Bei den bisherigen Erfahrungen mit den Behörden wird jeder verstehen, dass wir da zunächst einmal skeptisch bleiben."